Bei seiner Erstaufführung beim Filmfestival in Toronto im September 2016 wurde das Historiendrama „The Promise – Die Erinnerung bleibt“ über eine Dreiecksbeziehung vor dem Hintergrund des Völkermords an den Armeniern mit stehenden Ovationen gefeiert. Aber noch bevor das Premierenpublikum das Kino verlassen hatte, verzeichnete die Internet Movie Database bereits mehr als 4.000 Ein-Sterne-Wertungen für den Film - und dieser Trend sollte sich auch in den folgenden Tagen noch fortsetzen. Tausende Nutzer, die das neue Werk von Terry George (oscarnominiert für „Hotel Ruanda“) noch gar nicht gesehen haben konnten, senkten demonstrativ den Daumen. Dieses sogenannte Downvoting ist im Zeitalter der Internet-Trolle kein neues Phänomen, aber hier konnte tatsächlich eine gezielt orchestrierte Massenkampagne nachgewiesen werden - und die ging von der Türkei aus. Die dortige Regierung leugnet nämlich ungeachtet der historischen Fakten bis heute den Genozid an der armenischen Bevölkerung im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs. Inwieweit das katastrophale Einspielergebnis des Films in den USA und anderswo (weltweite Einnahmen bisher: acht Millionen Dollar bei Produktionskosten von 90 Millionen) auf die Propagandaaktion zurückzuführen ist, lässt sich nicht nachweisen. Es dürfte zudem aber sicherlich auch eine Rolle gespielt haben, dass „The Promise“ trotz ehrenwerter Absichten und solider Starbesetzung ein durchwachsener Film ist – die Kombination aus Liebesgeschichte und Genozid-Chronik geht einfach nicht auf.
Konstantinopel, 1914: Kurz nach seiner Verlobung mit einer jungen Frau aus seinem Heimatdorf reist der armenische Apotheker Michael (Oscar Isaac) in die Hauptstadt des Osmanischen Reiches, um sein Medizinstudium anzutreten. Als er die Künstlerin Ana (Charlotte Le Bon) trifft, verliebt er sich Hals über Kopf in die bezaubernde Frau, die mit dem amerikanischen Fotojournalisten Chris Myers (Christian Bale) liiert ist. Schon bald entwickelt auch Ana Gefühle für den jungen Arzt, doch mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und der systematischen Vertreibung und Ermordung der armenischen Bevölkerung findet ihr Verhältnis ein jähes Ende. Während Michael in einem Gefangenenlager im Taurusgebirge Zwangsarbeit leisten muss, setzen sich Ana, die selber auch armenische Wurzeln hat, und Chris für die Emigration armenischer Kinder in sichere Nachbarländer ein. Wie durch ein Wunder treffen Michael und Ana in den Wirren des Krieges erneut aufeinander, aber seit ihrer plötzlichen Trennung hat sich vieles verändert. Kann ihre Liebe den brutalen Kampf ums nackte Überleben überdauern?
„The Promise – Die Erinnerung bleibt“ ist für seine Macher in erster Linie eine Herzensangelegenheit. Der 2015 verstorbene Geschäftsmann Kirk Kerkorian, selbst armenischer Herkunft, finanzierte das Projekt fast vollständig aus der eigenen Tasche. So wollte er Aufmerksamkeit schaffen für ein viel zu unbekanntes dunkles Kapitel der Weltgeschichte, schließlich war der Völkermord an den Armeniern bisher auch im Kino nur selten ein Thema (eine der wenigen Ausnahmen ist Fatih Akins ebenfalls an den Kinokassen gefloppter „The Cut“ von 2014). Das aufklärerische Anliegen ist „The Promise“ deutlich anzumerken und in den besten Momenten sorgt der reale historische Hintergrund für einen zusätzlichen emotionalen Punch, etwa wenn ein einstiger Clown seinen Leidensgenossen in einem Gefangenenlager mit einem imaginären Flohzirkus ein Lächeln auf die Gesichter zaubert – und kurz darauf Selbstmord begeht. Oder wenn Michael erfolglos versucht, eine Gruppe gefangener Armenier aus einem Zug zu befreien, die ihm durch die Gitter ihres Waggons die Hände entgegenstrecken.
In solchen schockierenden Szenen wird das oft geleugnete Verbrechen prägnant vergegenwärtigt, der Schmerz und die Verlusterfahrung eines ganzen Volkes scheinen in den erschütternden Bildern zu liegen. Doch all dies ist letztlich nur ein Aspekt des Films und seine Wirkung wird durch die nüchtern-altbacken inszenierte Dreiecksbeziehung im Mittelpunkt der Handlung spürbar geschmälert. Dabei bemühen sich Oscar Isaac („Star Wars – Episode VII: Das Erwachen der Macht“), Charlotte Le Bon („Bastille Day“) und Christian Bale („The Dark Knight“, Oscar für „The Fighter“) sichtlich darum, der kolportagehaften Liebesgeschichte echtes emotionales Gewicht zu verleihen. Nur bleiben diese Versuche angesichts einiger aufgesetzt dramatischer Wendungen und konstruiert wirkender Verwicklungen weitgehend erfolglos. Bale gelingt immerhin eine sehenswerte Charakterstudie, mit der er zeigt, dass auch ein Mensch voll unerschütterlicher Rechtschaffenheit ein echter Unsympath sein kann.
Fazit: Gut gespieltes und teils mitreißendes Plädoyer gegen das Vergessen des Völkermordes an den Armeniern mit einer wenig überzeugenden, nicht gerade elegant eingeflochtenen Dreiecks-Liebesgeschichte im Zentrum.