Die Eisenbahn ist das Symbol der Landnahme des nordamerikanischen Kontinents, des Drangs nach Westen, der stetigen Vorwärtsbewegung der Zivilisation. Im Herbst 2013 inszenierte der US-amerikanische Multimediakünstler Doug Aitken so etwas wie eine mobile Performance und ließ einen Zug von der Ost- zur Westküste der USA fahren, 4000 Meilen, unterbrochen von zehn Happenings genannten Veranstaltungen, bei denen unterschiedliche Künstler und Musiker auftraten. Aitkens Film „Station To Station“ ist nun eine Art Dokumentation dieser Performance, aber auch ein Kunstwerk für sich: In 62 exakt eine Minute langen Szenen, die man jeweils auch als eigenständige Kurzfilme betrachten kann, wird die Fahrt des Zuges nachgezeichnet, mal in klassisch dokumentarischer Manier, mal als abstrakter Bilderrausch. Dieses zunächst sehr theoretisch wirkende Konzept bekommt durch Aitkens außerordentliches Gespür für ästhetische Reize und nicht zuletzt durch die zahlreichen Auftritte bekannter Künstler einen bemerkenswerten Sog.
Es hat etwas von bedeutungsheischendem Namedropping, wenn Doug Aitken bekannte Künstlerkollegen wie Beck, Patti Smith, Thurston Moore, Ed Ruscha, William Eggleston, Cat Power, Suicide, Thomas Demand oder Giorgio Moroder teilweise nur für Sekunden ins Bild rückt, einen kleinen Ausschnitt aus einem Konzert oder einer Performance zeigt, einen dahingeworfenen Gesprächsfetzen dazwischen schneidet und dann auch schon zum nächsten weiterstreift. Eine substantielle künstlerische Auseinandersetzung ist in dieser Rasanz natürlich nicht möglich, aber dafür entwickelt „Station To Station“ in seiner Atemlosigkeit einen Sog, der mühelos über die kurzen 70 Minuten Spieldauer trägt. Fast verschwenderisch mutet der Reichtum an Künstlern und Bildern an, der Aufnahmen von nordamerikanischen Landschaften und Metropolen, mal fast unberührt, mal hypermodern. Reich an Ideen und Gedanken, Ansätzen und Inspirationen ist dieser Film, der sich ebenso wenig klassifizieren lässt wie die ganz unterschiedlichen Künstler, die Doug Aitken auf seiner Reise begleitet haben.
Fazit: In „Station To Station“ dokumentiert der Multimediakünstler Doug Aitken auf originelle und bildgewaltige Weise eine drei Wochen lange Performance, die ihn und zahlreiche Musiker sowie andere Künstler auf eine Reise quer durch Amerika führte.