Völlig außer sich schmeißt Sarah (Lilli Meinhardt) ihr MacBook durch die Fensterscheibe auf die Straße. Ihr Freund braucht nämlich Abstand – zum Nachdenken und so. Der Rechner ist hinüber, da kann auch der nette Oliver (Christian Ehrich) aus dem Computerladen um die Ecke nichts mehr retten. Um das Geld für einen neuen Laptop zu bekommen, sucht Sarah für ihre Berliner Wohnung einen Untermieter und quartiert sich selbst kurzerhand bei ihrem überrumpelten Papa Dieter (Peter Trabner) ein. Voller Tatendrang, aber ohne eine bestimmte Richtung, rennt Sarah fortan immer wieder mit dem Kopf durch die Wand. Die Protagonistin ist der Fixstern in „Liebe mich!“, den Regisseur Philipp Eichholtz nach dem „Sehr gute Filme“-Manifest von Axel Ranisch („Ich fühl mich Disco“) unabhängig und ohne Fördergelder gedreht hat. In seinen besten Momenten entwickelt der No-Budget-Film einen für Kinoerstlinge ungewöhnlichen Drive, in den schwächeren Momenten verpufft die Wirkung allerdings in abgegriffenen Bildern und Worthülsen.
Mal streitet Sarah bis aufs Blut mit ihrem Vater, dann liegt sie wie ein kleines Mädchen in seinen Armen. Zwischendurch verdreht sie dem armen Tropf Oliver den Kopf, der gar nicht weiß, wie ihm geschieht, als die impulsive Blondine in sein Leben poltert. Um ihrem Ex eins auszuwischen, zündet Sarah seinen Motorroller an, und als Oliver sie nicht spontan bei sich einziehen lassen will, rächt sie sich mit einem Selfie, das sie beim schnellen Sex auf einer Clubtoilette zeigt. Wirklich mögen kann man die sprunghafte Göre nur schwer, ihr beim Ausflippen zuzuschauen macht aber durchaus Spaß, zumal Lilli Meinhardt („600 PS für zwei“) eine ebenso energiegeladene wie einnehmende Darbietung zeigt. Vieles darin ist oder wirkt improvisiert, Ähnliches gilt für den ganzen Film, was sich auch in der kantigen Ästhetik niederschlägt: Bei der agilen Handkameraarbeit werden Unschärfen bewusst in Kauf genommen, auffällige Stilmittel wie Weitwinkel-Aufnahmen oder Freeze Frames setzen visuelle Akzente. Bisweilen arbeitet Philipp Eichholtz auch dokumentarisch, etwa wenn Lilli Meinhardt und der in ein herrliches Bienenkostüm gezwängte Axel Ranisch am Alexanderplatz Flyer verteilen. Dass es bei dieser offenen Erzähl- und Inszenierungsweise, auch dazu kommt, dass einzelne Szenen nicht nur unausgereift, sondern auch einfältig oder gestelzt wirken können (etwa wenn aus dem Off der Satz „Fühlst du dich auch manchmal so anders wie die anderen?“ ertönt), liegt gleichsam in der Natur der Sache.
Fazit: Ein weitgehend stimmig umgesetzter „junger“ Independent-Film aus Deutschland, der durch seinen Schwung besticht.