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    Hördur - Zwischen den Welten
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Hördur - Zwischen den Welten
    Von Michael Meyns

    Der Untertitel von Ekrem Ergüns Jugenddrama „Hördur“ lautet „Zwischen den Welten“ - ein oft verwendetes und dementsprechend abgenutztes Bild, so zutreffend es auch sein mag. Hier steht es in seiner ganzen programmatischen Absolutheit gleichsam stellvertretend für eine zunächst allzu plakative und schematische Erzählweise: Die 16jährige Aylin (Almila Bagriacik) lebt nach dem Tod der Mutter mit ihrem Vater Hasan (Hilmi Sözer) und dem kleinen Bruder Emre (Noe Chalkidis) in Mannheim. Der Teenager hat an der Verantwortung für Haushalt und Bruder schwer zu tragen und wird zu allem Überfluss von einer Mitschülerin gemobbt. Arg dick werden all diese Probleme anfangs aufgetragen und als Aylin, nachdem sie sich aggressiv gegen die Schikanen in der Schule gewehrt hat, auch noch zu Sozialstunden auf einem Pferdehof verurteilt wird, sieht man die pflichtbewusste Moralkeule schon fast auf sich zukommen. Umso erfreulicher, dass Regisseur Ergün doch noch die Kurve kriegt und nach diesem holzschnittartigen Beginn eine überraschend subtile Geschichte über Integration und Freundschaft erzählt.

    Auf dem Pferdehof hat es Aylin mit der resoluten Iris (Felicitas Woll) zu tun, in der sie bald eine verwandte Seele erkennt. Auch Iris hatte einst durch ihr aufbrausendes Wesen Probleme, doch mehr als angedeutet wird dies nicht. Ebenso wenig wie die symbolische Bedeutung des Islandpferdes Hördur, das Aylin bald reitet: Hat so ein Pferd einmal seine Heimatinsel verlassen, kann es nie wieder nach Island zurückkehren, die Seuchenschutzbestimmungen wollen es so. Nun stellt Ergün solche offensichtlichen Metaphern anders als am Anfang nur in den Raum und betont sie nicht noch aufdringlich und gerade durch diese Zurückhaltung gewinnt der Film stark an Überzeugungskraft. Zwar wird auch hier bekannten Erzählmustern gefolgt - Aylin wird selbstbewusster, hält einen Vortrag in der Schule, setzt sich gegen die Wünsche des Vaters durch, nimmt an einem Reitturnier teil -, doch ihr Emanzipationsprozess wird auf so selbstverständliche Weise geschildert und so einfühlsam in Szene gesetzt, dass sich „Hördur“ schnell zu einer überzeugenden Integrations- und Selbstfindungsgeschichte mausert.

    Fazit: Nach arg holprigem Beginn wird aus Ekrem Ergüns Debütfilm „Hördur - Zwischen den Welten“ eine feinfühlige Geschichte über Freundschaft und Zusammenhalt über vermeintliche Grenzen hinweg.

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