Die Filmstarts-Kritik zu Das Morgan Projekt

Nachdem er bei „Exodus: Götter und Könige“ und „Der Marsianer“ noch die Leitung der Second Unit für seinen Vater übernommen hat, gibt Ridley Scotts Sohn Luke Scott mit „Das Morgan Projekt“ nun sein Kino-Regiedebüt. Da auch schon seine Geschwister Jake Scott („Willkommen bei den Rileys“ mit Kristen Stewart) und Jordan Scott („Cracks“ mit Eva Green) eigene Filme gemacht haben, liegt der Gedanke nicht so fern, dass Papas Name in Hollywood die ein oder andere Tür etwas leichter geöffnet hat (zumal Ridley Scott bei allen Filmen seiner Kinder auch als Produzent fungiert). Aber sei’s drum, denn „Das Morgan Projekt“ ist ein stark fotografierter Sci-Fi-Thriller, der zeigt, dass Luke Scott zumindest das hervorragende Auge seines legendären Vaters („Blade Runner“, „Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“) geerbt hat. Nicht mit Ruhm bekleckert hat er sich hingegen beim Überarbeiten des Drehbuchs von Seth W. Owen („Peepers“), denn in dem werden zwar zunächst eine Menge ähnlicher Ideen wie in dem oscarprämierten „Ex Machina“ aufgegriffen, aber dann wandelt sich „Das Morgan Projekt“ doch recht schnell zu einem eher herkömmlichen Actionfilm mit kurzen Horror-Einschüben.

Als ein Zwischenfall beinahe mit einem herausgestochenen Auge endet, soll die Risikomanagerin Lee Weathers (Kate Mara, „House Of Cards“) über die weitere Existenz des mit Hilfe von Nanotechnologie künstlich erschaffenen Wesens Morgan (Anya Taylor-Joy, „The Witch“) entscheiden. Wird das Forschungsprojekt fortgesetzt oder muss die synthetische Kreatur eliminiert werden? Allerdings gestaltet sich das Zusammensammeln der Fakten als gar nicht so einfach, denn für einige Mitglieder des Forschungsteams um die Leiterin Dr. Lui Cheng (Michelle Yeoh, „Tiger & Dragon“), den Chefwissenschaftler Dr. Simon Ziegler (Toby Jones, „Captain America: The First Avenger“) und die Verhaltensforscherin Dr. Amy Menser (Rose Leslie, John Snows Wildling-Geliebte aus „Game Of Thrones“) ist Morgan inzwischen fast so etwas wie eine eigene Tochter. Doch dann kommt es bei einer psychologischen Analyse des von der Unternehmensleitung entsandten Experten Dr. Alan Shapiro (Paul Giamatti, „Sideways“) zu einem wiederholten blutigen Eklat…

Wenn eine künstliche Intelligenz so etwas wie ein eigenes Bewusstsein entwickelt, darf man sie dann noch einfach so abschalten? Und mit was für einem moralischen Kompass würde andersherum wohl so eine AI agieren, um ihrerseits ihre persönlichen Ziele zu erreichen? In „Das Morgan Projekt“ werden einige derselben philosophischen und moralischen Dilemma angeschnitten, die Alex Garland auch in seinem Sci-Fi-Kammerspiel „Ex Machina“ (Oscarnominierung für das beste Original-Drehbuch) behandelt hat. Aber gerade wenn dieser Teil der Handlung seinen Höhepunkt erreicht, nämlich bei dem Beurteilungsgespräch von Dr. Alan Shapiro, der Morgan mit seinen Fragen nach ihren Wünschen und Ängsten immer weiter in die Ecke drängt, schlägt der Film plötzlich eine ganz andere Richtung ein: In den folgenden Action- und Horror-Sequenzen spielt es kaum noch ein Rolle, dass Morgan eine künstliche Intelligenz ist, sie könnte genauso gut auch ein Alien oder sonst ein menschenähnliches Wesen sein. Eine verpasste Chance, denn so ist letztendlich die dialoglastigere erste Hälfte spannender als die deutlich temporeichere zweite.

Trotzdem bleibt „Das Morgan Projekt“ bis zum Schluss immer sehenswert, was zu einem guten Teil auch an der Leistung von Kameramann Mark Patten liegt, mit dem Luke Scott schon bei „Exodus“ und „Der Marsianer“ zusammengearbeitet hat: Zwar ist Morgans Zuhause - wie von Hollywood-Laboren nicht anders gewohnt - steril und grau, aber wenn es dann schließlich in die weitläufigen Wälder und an einen idyllischen See hinausgeht, gelingen dem Duo eine ganze Reihe spektakulär-atmosphärischer Aufnahmen. Mit einem noch konsequenteren Skript dürfte den beiden Kreativen in der Zukunft noch der ein oder andere ganz große Wurf gelingen. Und dann gibt es da ja auch noch den schönen Schlusstwist, bei dem wir in der Redaktion von „Ich wusste es ab der fünften Minute“ bis „Ich hatte absolut keinen Schimmer“ alles dabeihatten. Wie ist es euch ergangen?

Fazit: „Das Morgan Projekt“ entpuppt sich als gradlinige Action-Horror-Variante des Sci-Fi-Arthouse-Hits „Ex Machina“ - toll fotografiert und über weite Strecken spannend, aber inhaltlich ist da noch einiges an Luft nach oben.