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    Agnieszka
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Agnieszka
    Von Ulf Lepelmeier

    Sadomasochismus und Peitschenhiebe sind seit dem Erfolg der „Fifty Shades of Grey“-Romane nicht nur salonfähig, sondern regelrecht hip. Da wundert es nicht, dass sich auch immer mehr Filmemacher mit dem Reiz von Machtspielchen rund um Dominanz und Unterwerfung auseinandersetzen. So arbeitet die titelgebende Polin (Karolina Gorczyca) in Tomasz Emil Rudziks Drama „Agnieszka“ nun in einer Escort-Agentur, wo sie als Domina den Rollenspielgelüsten wohlhabender Münchner nachkommt. Allerdings duldet Agnieszkas undurchsichtige Chefin (Hildegard Schmahl), die sich nur als Madame anreden lässt, keinerlei Bezugspersonen neben sich und reagiert deshalb verstört, als sich der erst 16-jährige Manuel (Lorenzo Nedis) langsam einen Platz in Agnieszkas lange Zeit versteinertem Herzen erarbeitet.

    „Ich will wieder rein“, ruft Agnieszka nach dem Absitzen ihrer fünfjährigen Haftstrafe dem Gefängniswärter zu, als sie die Angst vor der ungewohnten Freiheit übermannt. Aber dann besinnt sie sich doch wieder auf ihre frühere Härte und schwört jeglicher Emotionalität ab. Nach einem kurzen Blick auf die schwierige Situation in ihrem Heimatland lässt Regisseur Rudzik („Desperados on the Block“) seine wortkarge Protagonistin in München stranden und auf die von Hildegard Schmahl mit viel schroffem Charisma verkörperte Madame treffen. Diese sieht in ihrer neuen Mitarbeiterin einen Tochterersatz und eine Nachfolgerin, aber auch eine sexuelle Verlockung...

    Agnieszka entwickelt sich bald zum besten Krokodilchen des Escort-Betriebs, der Nacktheit und sexuelle Akte ausschließt, dafür aber selbst die sonderbarsten Rollenspielwünsche erfüllt. Karolina Gorczyca vermittelt dabei herausragend die innere Anspannung, die die Immigrantin hinter ihrer stoisch ernsten Miene zu verbergen versucht. In „Agnieszka“ dreht sich alles um Sehnsüchte und Abhängigkeiten, wobei die Filmemacher angenehmerweise auf allzu plastische Ausstellungen von Sex und Gewalt verzichten. Stattdessen entwerfen sie ein komplexes Beziehungsgeflecht, in dem Agnieszka zwischen der von ihr faszinierten Madame und dem naiven Manuel in einer angespannt-undurchsichtigen Schwebe verharrt.

    Fazit: Überzeugendes Porträt einer abgehärteten Immigrantin, die sich nicht nur in ihrem Domina-Job mit komplexen Abhängigkeitsverhältnissen konfrontiert sieht.

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