In Kinji Fukasakus „Battle Royale“ wurde eine japanische Schulklasse mit Mordwerkzeugen ausgestattet, damit sich die Schüler gegenseitig umbringen, während sich in Takashi Yamazakis „Parasyte“ ein tentakelschwingendes außeririsches Wesen zielstrebig eine Lehrerin in einer Mittelschule als Wirtin aussuchte, um so die Menschen genauer studieren zu können. In „Assassination Classroom 1“ (DVD-Start: 26. August 2016), der Realverfilmung der gleichnamigen, sehr erfolgreichen Manga-Serie von Yusei Matsui, werden diese beiden Konzepte miteinander kombiniert: So ist der skurrile Ausgangspunkt der Action-Komödie, dass ein gelbes, achtarmiges Tentakelwesen aus dem All mit einem Smiley-Kopf vor einer bis an die Zähne bewaffneten Klasse steht, die alles daransetzt, den Alien-Lehrkörper auszuschalten. Wartete „Battle Royale“ noch mit erschreckender Brutalität und bissiger Gesellschaftskritik auf und konnte „Parasyte“ mit seiner gelungenen Mischung aus humorvollen und hochdramatischen Momenten begeistern, steht in der turbulenten Manga-Verfilmung von Regisseur Eiichiro Hasumi nun vor allem der Spaß an den sonderbaren Vorkommnissen zwischen Killerausbildungsstress, Pubertätswirren und Alien-Eskapaden im Vordergrund.
Rund 70 Prozent des Mondes sind von einer fremden Lebensform zerstört worden, die nun an der Küste Japans gelandet ist und mit Leichtigkeit die entsendeten Spezialkräfte des japanischen Militärs ausschaltet. Doch das gelbe Oktopus-Wesen zeigt sich gnädig, verschiebt die Zerstörung der Erde erst einmal, und räumt den Menschen sogar noch eine einjährige Chance ein, es auszulöschen. Einzige Bedingung des fortan Koro-sensei genannten Außerirdischen ist es, für ein Schuljahr die aus besonders undisziplinierten und lernschwachen Teenagern bestehende Klasse 3-E der Kunugigaoka-Schule unterrichten zu dürfen. Die Schüler werden fortan vom achtarmigen Wesen auf die Prüfungen vorbereitet, erhalten vom Verteidigungsministerium eine Assassinen-Ausbildung und versuchen sich an unterschiedlichen Mordkomplotten, um den gelben Lehrer umzubringen. Doch Koro-sensei erweist sich als unglaublich schnell, wandelbar und regenerationsfähig, so dass sich die Tötungsmission als äußerst schwierig herausstellt - und dann ist der Außerirdische auch noch der engagierteste Lehrkörper, den die lernunwillige Chaosklasse jemals hatte...
Das den Unterricht einleitende Begrüßungsritual samt Abfrage der Anwesenheit gerät in „Assassination Classroom 1“ zur morgendlichen Schießattacke auf den Smiley-Pauker, bei dem die gesamte Klasse 3-E ihre Patronen auf den Lehrkörper abfeuert. Doch das Alien zeigt sich von solch wenig kreativen Tötungsversuchen unbeeindruckt und setzt einfach mit dem Unterricht fort. Da Koro-sensei der Regierung schriftlich zugesagt hat, den Schülern kein Haar zu krümmen, setzt er vor allem auf Bloßstellungen vor den Klassenkameraden als Bestrafungsmaßnahme, wenn er dann doch einmal wütend werden sollte.
Regisseur Eiichiro Hatsumi setzt nach „Umizaru“ und „Wild Seven“ eine weitere populäre Manga-Vorlage in Form von zwei Realfilmen um. Während in „Assassination Classroom 1“ die Vorkommnisse innerhalb des ersten Schulhalbjahres abschließend behandelt werden, schließt der Nachfolgefilm, der genau ein Jahr nach dem ersten Teil in den japanischen Kinos veröffentlicht wurde, direkt nach den Sommerferien der Mittelschüler an. Dabei zelebriert Hatsumi die herrlich abgedrehte Grundprämisse des Alien-Lehrers und seiner lernschwachen Attentäterklasse, die beständig versucht, ihn auszulöschen und damit nicht nur die Welt zu retten, sondern auch das 10-Milionen-Yen-Kopfgeld einzustreichen. Wie im Manga liegt auch in der Verfilmung der Fokus auf dem achtarmigen Lehrkörper, der vom CGI-Studio Robot Communications nahtlos in das Geschehen eingefügt wurde, sowie auf dem von Ryosuke Yamada („Grashopper“) äußerst sympathisch verkörperten, schüchternen Schüler Nagisa Shiota. Dabei schlägt der Film ein extrem hohes Tempo an, um möglichst viele der mit besonderen Killerfertigkeiten ausgestatteten Austauschschüler und Lehrer aus dem Manga zumindest kurz auftreten zu lassen, was Anhängern der Vorlage zwar Wiedersehen mit vielen verrückten Figuren beschert, aber letztlich zu einem arg episodenhaften Storyfluss führt. Eine besonders schöne Inszenierungsidee stellt hingegen das zwischenzeitliche Aufsplittern des Bildes in einzelne Kästen dar, um so das Erscheinungsbild der Manga-Vorlage auch auf der Kinoleinwand widerzuspiegeln.
Fazit: Die schrill-verrückte Action-Komödie „Assassination Classroom 1“ ist ein Fest für Freunde abgedrehter Geschichten. So explosiv und verrückt war Schulunterricht noch nie!
(Die Fortsetzung „Assassination Classroom 2“ erscheint in Deutschland bereits in zwei Monaten, nämlich am 28. Oktober 2016 auf DVD.)