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    John Wick: Kapitel 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    John Wick: Kapitel 2
    Von Andreas Staben

    Mit dem stylischen Action-Reißer „John Wick“ gelang „Matrix“-Star Keanu Reeves 2014 nach einer Reihe von Flops ein krachendes Comeback. Der Überraschungserfolg beeindruckte vor allem mit einfallsreichen „Gun Fu“-Choreografien an ungewöhnlichen Schauplätzen, die Kombination von kernigem Kampfsport und kompromisslosem Knarreneinsatz war wie gemacht für Reeves, der neben seinen Qualitäten als natürlicher Sympathieträger auch seine physischen Stärken voll ausspielen konnte. Da wundert es wenig, dass der inzwischen über 50-Jährige nicht lange um einen zweiten Auftritt als wider Willen reaktivierter Auftragskiller gebeten werden musste. Von dem Umstand, dass die Rache-Geschichte eigentlich schon im ersten Film ein zufriedenstellendes Ende gefunden hat, lassen sich Chad Stahelski, der diesmal auf seinen bereits mit „Deadpool 2“ beschäftigten Regiepartner David Leitch verzichten muss, und Drehbuchautor Derek Kolstad nicht irritieren und bauen die Gangsterparallelwelt aus Teil 1 in ihrer Fortsetzung „John Wick: Kapitel 2“ zu einem eigenen Universum aus. Und in dieser Welt voller Gewalt, Luxus und Machtkämpfen brilliert der Titelheld einmal mehr als grimmiger Einzelkämpfer.

    John Wick (Keanu Reeves) hat das Duell mit seinem früheren Boss, dem russischen Gangster Viggo Tarasov (Michael Nyqvist), zwar überstanden, aber er ist noch nicht am Ende seines Feldzugs, denn sein geliebtes Auto befindet sich noch immer im festungsartigen Hauptquartier des Clans. Nachdem auch diese Sache erledigt ist und er sich mit Viggos Bruder (Peter Stormare) geeinigt hat, will der Ex-Auftragskiller in den Ruhestand zurückkehren. Doch dann steht schon wenig später Santino (Riccardo Scamarcio) vor der Tür seines Designerhauses: Er hat von John einst einen Marker erhalten, eine mit Blut besiegelte Münze, die für das Versprechen einer Gegenleistung für in Anspruch genommene Hilfe steht. Santino will die Schuld nun einlösen. John weigert sich, aber er kann der Vergangenheit nicht so leicht den Rücken kehren: Wer einen Marker nicht annimmt, dem droht nach dem Gangstercode der Tod. Schließlich sieht sich John gezwungen, auf die Forderung des Italieners einzugehen. Der Auftrag führt ihn schließlich nach Rom, wo Santinos Schwester Gianna (Claudia Gerini) einen Platz am Tisch der mächtigsten Unterweltbosse beansprucht...

    Es beginnt mit einer rasanten Verfolgungsjagd zwischen New Yorker Wolkenkratzern: Ein gesichtsloser Autofahrer bringt einen Mann auf einem Motorrad zur Strecke und verschafft sich Zugang zum Machtzentrum der Tarasovs. Wie ein Geist sucht er das Imperium des russischen Gangsterclans heim und deren neues Oberhaupt erwartet ihn wie ein unabwendbares Schicksal: Es ist John Wick und den könne man nicht aufhalten – so erklärt es Peter Stormare („Fargo“) als neuer Clanchef seinem verblüfften Handlanger, der fragt, warum sie den Eindringling angesichts ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit nicht einfach eliminieren. Noch bevor wir den Titelhelden das erste Mal zu Gesicht bekommen, ist damit sein Status als nahezu unbesiegbarer Kämpfer und zerstörerische Urgewalt etabliert. Wo im ersten Teil noch die menschliche Seite des trauernden Witwers Wick betont wurde, rückt nun die kalte Professionalität des reaktivierten Killers in den Vordergrund, der einst drei Männer mit einem Bleistift umgebracht hat (auch diese Legende wird hier zur blutigen Wirklichkeit). Die Ruhe, die er sich wünscht, lässt man ihm nicht und so stellt er sich mit Widerwillen und wachsendem Grimm seinen Gegnern entgegen.

    Mit der weiteren Überhöhung des Protagonisten tauchen Regisseur und Drehbuchautor tiefer in die Gangsterwelt ein, wobei es auch ein Wiedersehen mit John Leguizamo („Moulin Rouge“), Lance Reddick („Fringe“) und Ian McShane („Deadwood“) aus Teil 1 gibt. Die Goldmünzen-Währung und das Hotel Continental, in dessen Gemäuern die Waffen ruhen müssen, kennen wir schon. Nun bekommen wir nicht nur die römische Filiale der noblen Herberge zu sehen (samt eines Kurzauftritts einer italienischen Kinolegende), sondern auch das Versorgungs- und Kommunikationssystem hinter den Kulissen. Dazu erhalten wir Einblick in Machtstrukturen und Regelwerk: Was in „John Wick“ noch eine Art diffuses Paralleluniversum war, wird in „Kapitel 2“ zur eigenen Wirklichkeit – so wie Gotham City nur noch von ferne an New York erinnert, sind auch die Orte hier endgültig in eine Fantasie entrückt. Die Freiheiten eines eigenen Weltentwurfs nutzen die Macher zu hübschen Anachronismen (die Telefonzentrale mit ihren alten Apparaten und der Rohrpost, deren Nachrichten als SMS-Text auf den neuesten Handy-Modellen landen) und zu einer konsequenten Stilisierung.

    Immer wieder sind es Regeln und Rituale, die den Handlungsfortgang bestimmen, etwa wenn einer der Action-Höhepunkte des Films, ein erbitterter Zweikampf in der römischen Altstadt mit halsbrecherischen Treppenstunts, ein abruptes Ende findet. Das alles ist in sich stimmig und reizvoll, aber die Emotionalität der Rachegeschichte aus Teil 1 geht mit der Superheldenwerdung des Protagonisten verloren, der sich hier so ganz nebenbei auch noch als Fremd- und Zeichensprachengenie entpuppt. Die zunehmende Loslösung von der Realität erlaubt aber zugleich eine Steigerung und Intensivierung der Action-Szenen, die noch ausgedehnt werden – und die waren ja bereits im ersten Film das Hauptvergnügen. Während sich eine epische Tunnelschießerei nah an der Grenze zum Overkill befindet, sind die handfesten Schlägereien zwischen Reeves und Common als Mafiascherge ein Fest für alle Fans zupackender, ohne große Tricksereien auskommender Action. Weitere Highlights finden im U-Bahn-System und in einem Museum voller Spiegel statt: ein Ballett der eleganten Genickbrüche und des berstenden Glases im Rhythmus von Maschinengewehren im Dauerfeuer.

    Fazit: Weniger Drama und Emotion, dafür noch mehr Stilisierung, Kämpfe und Schießereien - John Wick beschreitet seinen Weg zur ikonischen Action-Figur konsequent fort!

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