Im Frühjahr 2015 hat der australische Regisseur George Miller („Happy Feet“, „Schweinchen Babe in der großen Stadt“) für eine schöne Überraschung gesorgt. Mit seinem wahnwitzigen Action-Spektakel „Mad Max: Fury Road“ hat er seine eigene „Mad Max“-Trilogie auf überaus beeindruckende Weise fortgeschrieben und seinen wortkargen Anti-Helden aus den 1980ern erfolgreich ins neue Jahrtausend katapultiert. Jetzt lässt das Regie-Kollektiv François Simard, Anouk Whissell und Yoann-Karl Whissell Millers Endzeit-Klassiker und andere Kultfilme der Achtziger in der Action- und Splatter-Komödie „Turbo Kid“ mit viel Spaß an der Sache erneut aufleben. Das Ergebnis ist beste Genre-Unterhaltung mit viel charmantem Retro-Flair.
„Turbo Kid“ steht unter dem Motto „Zurück in die Zukunft“, wobei der Blick nach vorne aus der Sicht der 80er Jahre erfolgt: Wir schreiben das postapokalyptische Jahr 1997, in dem die wenigen Überlebenden in einer tristen Einöde inmitten der Reste der einstigen Zivilisation hausen. Die größten Gefahren sind der stets akute Wassermangel und das willkürliche Walten fieser Warlords wie Zeus (Michael Ironside) und sein Gehilfe Skeletron (Edwin Wright). Letzterer verdankt seinen Namen einer ebenso praktischen wie tödlichen Rüstung mit Totenkopfschädel samt Sägeblattgeschoss. Diesen finsteren Gesellen stehen die Kräfte des Guten in Gestalt eines jungen und naiven Bastlers The Kid (Munro Chambers), der völlig überdrehten Apple (Laurence Lebœuf) und des coolen Cowboys Frederic (Aaron Jeffery) gegenüber. Das Blut spritzt alsbald in Fontänen, Körperteile werden en masse abgesäbelt und Eingeweide mit Hilfe eines zu einem Foltergerät umfunktionierten Fahrrads herausgerissen.
Schon wenn die ersten Synthie-Klänge ertönen und der Titel des Films in knallbunten Metallic-Lettern im fiesesten 80s-Look eingeblendet werden, ist im Groben klar, in welche Richtung dieser Retro-Spaß gehen wird. Aber dass die wüste mit Gore- und Splatterexzessen angereicherte Mischung aus Endzeitthriller, Science-Fiction, Teenie-Lovestory und Actionklamauk so hervorragend aufgeht, das zeigt sich erst nach und nach. Völlig unbekümmert und mit viel Mut zur Improvisation schlittern die drei Regisseure die äußerst feine Linie zwischen Hommage und Persiflage entlang und zeigen dabei ähnliche Virtuosität wie The Kid auf seinem matschverdreckten BMX-Rad. Der Film ist viel zu unernst, als dass man sich über seine Infantilität ärgern könnte und zugleich zu emotional, um nicht mit den Protagonisten mitzufühlen.
Fazit: Spaßige Retro-Action-Sci-Fi-Splatter-Komödie mit hohem Kultfaktor.