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    Himmelverbot
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Himmelverbot
    Von Michael Meyns

    Dem Subjekt seiner Dokumentation nahezukommen, kann für einen Regisseur schwierig werden. Kritische Distanz kann verloren gehen, Vertrauen missbraucht werden. Gerade die Nähe zu seinem Protagonisten ermöglichte es dem in Deutschland lebenden Exil-Rumänen Andrei Schwartz andererseits überhaupt erst, seinen neuen Film zu drehen. Vor Jahren hatte der Regisseur bei den Dreharbeiten zu „Jailbirds – Geschlossene Gesellschaft“ den Rumänen Gavriel Hrib kennengelernt. Der saß damals im berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis Rahova eine lebenslange Haftstrafe ab, weil er Anfang der 90er Jahre, als sich Rumänien nach Ende der Ceausescu-Diktatur gerade im Umbruch befand, einen Mord begangen haben soll. Nach dieser ersten Begegnung hielt Schwartz den Kontakt zu Hrib aufrecht – auch weil sie beide jüdischen Glaubens sind – und nachdem der Häftling schließlich doch noch begnadigt wurde, machte der Regisseur ihn zur Hauptfigur seiner sehenswerten Dokumentation „Himmelverbot“.

    Zum einen ist „Himmelverbot“ also eine Dokumentation über einen Mann, der nach 21 Jahren im Gefängnis in ein Land entlassen wird, das er kaum wiedererkennt: Inzwischen ist Rumänien kapitalistisch und gehört zur Europäischen Union -  nur die Armut in weiten Teilen der Bevölkerung ist geblieben. Hribs Familie lebt auf engem Raum, das Verhältnis zur Mutter ist gespannt. Schwartz beobachtet dies zurückhaltend und wählt diskrete Kameraperspektiven, die Situation spricht für sich und ist schon an sich ein reizvolles Filmthema, doch auf einer weiteren Ebenen bekommt „Himmelverbot“ einen besonderen Dreh: Nach Hribs eigener Darstellung, an der er über die Jahre festhielt, saß er im Gefängnis, weil er im Affekt eine Staatsanwältin getötet hat, die ihn als „lausigen Juden“ bezeichnet hatte. Doch Schwartz kommen zunehmend Zweifel an dieser Version, er nimmt Einblick in die Akten und erfährt die banale Wahrheit. Dadurch wird das Verhältnis des Filmemachers zu seinem Protagonisten ebenso auf die Probe gestellt wie die Freundschaft zwischen den beiden Männern. Durch den nicht verborgenen inneren Konflikt des Regisseurs bekommt sein Porträt eines Mannes, der sich aus durchaus nachvollziehbaren Gründen jahrelang hinter einer Legende versteckt hatte, eine spannende zusätzliche Dimension.

    Fazit: Andrei Schwartz erzählt in der  Dokumentation „Himmelverbot“ auf vielschichtige Weise von einem verurteilten Mörder auf der Suche nach einem Platz in der Gesellschaft und von seinem eigenen komplizierten Verhältnis zu diesem Mann.

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