Superheldenfilme kommen nicht länger nur aus Hollywood und Fernost. Kein Wunder, schließlich will man auch anderswo an dem Boom teilhaben. Nach dem russischen „Guardians“ und dem italienischen „Sie nannten ihn Jeeg Robot“ feiert 2017 nun der erste finnische Superheldenfilm „Rendel“ seine internationale Premiere beim Fantasy Filmfest in Deutschland. Dass sich Regisseur Jesse Haaja für sein Kinodebüt Hollywood-Blockbuster wie die „Batman“-Adaptionen von Christopher Nolan und Tim Burton zum Vorbild genommen hat, wird zwar durch die düsteren Bilder und die bisweilen sehr opulente Tonspur deutlich. Doch seine unnötig komplizierte, sehr brutale, oft mit unpassendem Humor angereicherte und zu allem Überfluss überhaupt nicht spannende Prügel-Orgie erweist sich gerade bei den im Mittelpunkt stehenden Actionszenen als unglaublich einfallslos und deshalb eher ermüdend als antörnend.
In der finnischen Kleinstadt Mikkeli legt sich der Superheld Rendel mit einem Großkonzern an, der schon seit Jahren einen schädlichen Impfstoff an Kindern in Afrika testet. Immer wieder attackiert er die Schergen des Konzerns mit brutaler Gewalt und lässt dabei absolut keine Gnade walten. Langsam arbeitet er sich so in der Hierarchie nach oben vor. An der Spitze von Rendels Rache-Liste steht der psychopathische Konzernboss-Sohn Rotikka (Rami Rusinen), der schon bald zum letzten Mittel greift: Ein internationales Killer-Squad bestehend aus Profi-Gangstern aus allen Ecken der Welt wird nach Finnland gerufen, um dem Rächer in schwarzer Motorradkluft endgültig den Garaus zu machen. Parallel dazu wird die Geschichte des Familienvaters Rämö (Kristofer Gummerus) erzählt, der erst seinen Job und schon bald noch sehr viel mehr verliert…
Jesse Haaja hat die Superhelden-Figur Rendel (ungarisch für „Bestellung“) bereits als Schuljunge erfunden und selbst gezeichnet, bevor hm dann dann vor einigen Jahren schließlich die Idee kam, aus seiner Kindheitsfantasie einen Kinofilm zu machen. Mittlerweile gibt es sogar einen „Rendel“-Comic und sowieso wird gleich ganz groß gedacht: Der wie eine Mischung aus Batman und dem Punisher anmutende Rendel soll gleich eine ganze Kino-Trilogie bekommen. Am Ende des ersten Films wird in einer Mid-Credit-Sequenz – ganz wie bei Marvel & Co. – bereits die Fortsetzung angeteasert. Nur macht der Reihen-Auftakt nun leider so gar keine Lust auf weitere „Rendel“-Abenteuer.
Anfangs finden Haaja und sein Kameramann Tero Saikkonen („Bunny und sein Killerding“) noch einige stimmungsvolle Bilder für das mit seinen heruntergekommenen Ecken und der scheinbar überall vorhandenen Korruption stark an Batmans Gotham erinnernde Moloch, als das Haaja seine Heimatstadt Mikkeli in seinem Kinodebüt in Szene setzt. Aber trotz des Einsatzes zahlreicher Stilmittel - von ausgiebigen Kamerafahrten bis hin zu extremen Close-Ups - wiederholen sich die Bilder in „Rendel“ nach kurzer Zeit nur noch. Das zeigt sich besonders in den zahlreichen Actionszenen. Die sind nämlich durchweg einfallslos und langweilig. Meist prügeln die Kontrahenten einfach aufeinander ein. Da spritzt das Blut und laut hörbar knacken die Knochen, doch eine erinnerungswürdige Actionchoreografie gibt es trotzdem nicht.
Daneben verzettelt sich Haaja schnell mit seinen verschiedenen Erzählsträngen. Viele Szenen entfalten dramaturgisch überhaupt keine Wirkung, sondern verlängern nur die Spielzeit. Immer wieder werden Figuren für den Moment eingeführt und genauso schnell wieder abserviert. Da wird extra Zeit darauf verwendet, ein Dick-und-Doof-ähnliches Duo als humorige Handlanger von Bösewicht Rotikka zu platzieren, nur um sie dann mit Kopfschüssen direkt wieder zu entsorgen. Dieses Problem zeigt sich besonders deutlich auch bei den Mitgliedern der internationalen Killer-Einheit. Jeder einzelne von ihnen wird persönlich vorgestellt – der Film stoppt praktisch für eine Viertelstunde seine Handlung, um einen nach dem anderen bei einem Killer-Einsatz in seinem Heimatland zu zeigen. Aber wer sich nach dieser ausführlichen Exposition auf eine ähnlich ergiebige Konfrontation mit Rächer Rendel freut, der wird schwer enttäuscht. Denn da werden diese mit individuellen Fähigkeiten exponiert herausgehobenen Superkämpfer genauso stumpf als Kanonenfutter-Masse abserviert wie die üblichen Fußvolk-Schergen. Als hätte Batman dem Joker in einer Wegwerf-Szene kurz eine reingehauen - und das war's.
Fazit: „Rendel“ ist sehr lahme und extrem langweilige Actionkost – statt auf das finnische Lokalkolorit zu setzen, kopiert Jesse Haaja nahezu eins zu eins die Hollywood-Vorbilder, nur leider eben sehr viel schlechter.
Wir haben „Rendel“ auf dem Fantasy Filmfest 2017 gesehen, wo er im offiziellen Programm gezeigt wird.