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    Ich und Earl und das Mädchen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Ich und Earl und das Mädchen
    Von Michael Meyns

    Im Original heißt Alfonso Gomez-Rejons Film „Me and Earl and the Dying Girl“ (also „Ich und Earl und das sterbende Mädchen“), was nicht nur ein hübscher Reim ist, sondern auch andeutet, dass man es hier nicht mit einer weiteren Highschool-Komödie zu tun hat – zumindest nicht nur. Und tatsächlich soll „Ich und Earl und das Mädchen“ ganz offensichtlich auch selbstreflexives Kino mit zahllosen Anspielungen auf die Popkultur und auf andere Filme sein, eine Coming-of-Age-Geschichte über Schulaußenseiter sowie ein ernsthaftes Teenagerdrama, in dem es um Freundschaft, Liebe und Tod geht. Das ist bisweilen ein bisschen viel, der Bruch zwischen der komischen ersten und der dramatischen zweiten Hälfte geht nicht ganz glatt über die Bühne, doch Gomez-Rejon inszeniert seinen zweiten Film (nach dem Meta-Slasherfilm „Warte, bis es dunkel wird“) mit so viel Energie und Originalität, dass man über solche Schwächen gern hinwegsieht.

    Greg (Thomas Mann) ist ein typischer Highschool-Nerd: Freunde hat er kaum, weite Teile der Schule meidet er, um keinen Stress zu bekommen und er hat nur einen guten Freund: Earl (RJ Cylyer), mit dem er bizarre kleine Remakes von Filmklassikern dreht, die Titel wie „Wages of Beer“ oder „A Sockwork Orange“ tragen. Als seine Mutter ihn drängt, sich mit seiner Schulkameradin Rachel (Olivia Cooke) zu treffen, bei der Leukämie diagnostiziert wurde, ist Greg alles andere als begeistert, doch bald merkt er, dass auch Mädchen gar nicht so blöd sind. Immer mehr Zeit verbringen die beiden zusammen, doch was er wirklich für Rachel empfindet, will sich Greg lange nicht eingestehen.

    Dass man bei „Ich und Earl und das Mädchen“ an die Filme von Wes Anderson und insbesondere an sein Durchbruchswerk „Rushmore“ denken muss, liegt nicht nur an der Thematik. Auch mit seinem visuellen Einfallsreichtum wirkt Alfonso Gomez-Rejons Film deutlich von den manierierten Breitwandbildern Andersons inspiriert, von der bisweilen etwas allzu direkt ausgestellten Cinephilie ganz zu schweigen. Der Film liegt dazu mit dem selbstironischen Voiceover-Kommentar von Greg, der sich als überraschend unzuverlässiger Erzähler erweist, voll im Meta-Trend. Lange Zeit geht es hauptsächlich um die Nerds Greg und Earl, der Tonfall bleibt dabei gewollt schrullig - bis ein recht abrupter Wechsel eingeleitet wird.

    Immer mehr entwickelt sich „Ich und Earl und das Mädchen“ in der zweiten Hälfte zu einem Young-Adult Drama im Stil von „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, in dem die erste Liebe und der drohende Tod in betont emotionaler Weise verknüpft werden. Der Wechsel im Erzählton wirkt nicht ganz zwingend und doch kann man sich der Emotionalität der Geschichte kaum entziehen. Nun hält sich Gomez-Rejon auch inszenatorisch etwas zurück und lässt seinen jungen Hauptdarstellern viel Raum, ihre Figuren zu komplexen Charakteren zu formen, die unter all den popkulturellen Referenzen des Anfangs kaum zu erahnen waren. Das wurde auch auf dem Festival in Sundance 2015 gewürdigt - genau wie „Whiplash“ im Vorjahr erhielt „Ich und Earl und das Mädchen“ sowohl von der offiziellen Jury als auch vom Publikum wichtige Auszeichnungen.

    Fazit: Regisseur Alfonso Gomez-Rejon bewegt sich nicht immer ganz glücklich zwischen Highschool-Komödie und Teenager-Drama, aber das gleicht er mit seiner originellen Inszenierung und einem emotionalen Finale aus.

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