Seien wir ehrlich: Wenn ein Haufen YouTube-Stars, die auf der Videoplattform Abermillionen Teenager mit ihren Anarcho-Sketchen bespaßen, gemeinsam eine Kinokomödie dreht, dann wird dabei kaum ein Film herauskommen, der sich vornehmlich an Kritiker jenseits der 20 wendet. Unsere Erwartungen an Michael David Pates „Kartoffelsalat – Nicht fragen!“ waren (gerade nach dem ernüchternden Trailer) auch nicht allzu hoch – und trotzdem hat uns die Zombiefilm-Parodie maßlos enttäuscht. Hätten wir alten Säcke (der Autor dieses Textes ist 32) im Kino gesessen und uns wie unsere Eltern damals bei „Jackass“ tierisch darüber aufgeregt, wie weit es doch mit der heutigen Jugend bergab gegangen ist, wäre ja noch alles in Ordnung gewesen – so soll sich der Humor ja auch von Generation zu Generation weiterentwickeln. Aber die Gags in „Kartoffelsalat“ sind nicht anarchisch, schockierend oder auch nur irgendwie neu – sondern erschreckend altbacken. Das Kalauer-Dauerfeuer bringt den Comedy-Mief unserer Großvätergeneration zurück auf die Kinoleinwand – und wenn das jetzt wirklich die schöne neue Medienwelt sein soll, dann wirft uns YouTube humortechnisch mal locker ein halbes Jahrhundert zurück.
Im Zentrum steht Leo Weiß (Freshtorge), der nach seiner Versetzung vom Elitegymnasium an seiner neuen Schule direkt mal in eine Zombieepidemie stolpert… und was dann folgt, ist so etwas wie die deutsche Antwort auf Parodie-Pannen wie „Die Pute von Panem“ oder „Beilight – Biss zum Abendbrot“. Neben einigen nur ein bisschen veralteten Popkulturzitaten wie dem „Breaking Bad“-Papa (Borja „Doktor Allwissend“ Schember) feuern die Jungstars ein einziges Kalauerfeuerwerk aus der Mottenkiste ab: „Da fress ich ‘nen Besen!“ Sitzt da einer und frisst ‘nen Besen. Und es bleibt nicht bei dem einen Ausrutscher – es scheint vielmehr so, als hätten der Regisseur und sein Hauptdarsteller beim Schreiben des Skripts ein Buch mit deutschen Redewendungen durchgearbeitet und diese ohne Ausnahme zum unlustigsten Running Gag des Kinojahres umfunktioniert. „Was ist denn los?“ „Ein Los ist ein Lottozettel!“ Im ersten Video von Simon Desue, das wir uns zur Recherche angesehen haben, spritzt der YouTube-Fanmillionär sich nach einem verlorenen FIFA-Match eine halbe Tube Ketchup in den Mund und spukt ihn dann angeekelt auf den Boden. Da zuzuschauen hat mehr Spaß gemacht als dieser Film.
Das ganze Projekt ist ein wenig schizophren: Im Presseheft wird ausführlich dargelegt, dass YouTuber inzwischen mehr Einfluss auf Teenager haben als Filmstars – und trotzdem drängen die mit „Kartoffelsalat“ auf die Kinoleinwand. Und als Unterstützung haben sich die YouTube-Dominierer Bibi, DagiBee, Y-Titty, DieLochis und DieAussenseiter ausgerechnet eine Wagenladung deutscher Komiker hinzugeholt, die ihren Zenit schon in den 1990ern überschritten haben (mit Ausnahme von Otto Waalkes, der ist zeitlos, aber hier als Dorfpolizist auch nicht witzig): Da dehnt dann Maddin Schneider sein loses Mundwerk wieder ganz besonders weit und Konrad Stöckel frisst mal wieder eine Glühbirne, weil er das vor zwei Dekaden auch schon gemacht hat. Da sitzt man in einem Film, der irgendwie die Zukunft sein soll, und alles was man fühlt, ist eine deprimierende Form von Nostalgie. Ach ja, platte Schwulenwitze sind offenbar auch wieder „in“ – zumindest soll in einer Szene das Publikum offenbar schon deshalb losprusten, weil YouTube-Macho Simon Desue einen Typen angräbt. Vor 50 Jahren hätten wir vielleicht auch drüber gelacht.
Und jetzt mal Butter bei die Fische (im Film würde jetzt die Kerrygold ins Klassenaquarium fliegen): In „Kartoffelsalat“ präsentiert die Zukunft der deutschen Comedy-Szene Pointen, die schon zu Großvaters Zeiten einen Bart von hier bis zum Kilimandscharo hatten.