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    13 Hours: The Secret Soldiers Of Benghazi
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    13 Hours: The Secret Soldiers Of Benghazi
    Von Christoph Petersen

    Im letzten Drittel von „Bad Boys II“ infiltrieren die von Will Smith und Martin Lawrence verkörperten bösen Jungs noch mal schnell Kuba – einen idiotischeren Showdown kann man sich kaum vorstellen! Allein deshalb ist eine gewisse Skepsis sicherlich angebracht, wenn derselbe Regisseur nun einen Film über die auch im aktuellen amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf wieder kontrovers diskutierten Angriffe auf eine temporäre US-Botschaft und ein geheimes CIA-Lager in der libyschen Küstenstadt Bengasi am 11. September 2012 dreht. Aber Überraschung: „13 Hours: The Secret Soldiers Of Benghazi“ ist der beste Film von „Transformers“-Krawallkönig Michael Bay seit langem! Die militärische Blockbuster-Antwort auf John Carpenters Wir-wenigen-hier-drinnen-gegen-alle-die-da-draußen-Kultstreifen „Assault – Anschlag bei Nacht“ ist intensiv-wuchtiges Actionkino – und dabei viel weniger dummdreist-patriotisch, als man es nach Bays absurder Geschichtsklitterung in seiner lachhaften Kriegsromanze „Pearl Harbor“ erwarten konnte. Wobei: Ganz aus seiner Haut kann der Regisseur dann doch nicht.

    Selten wurde die Unübersichtlichkeit einer kriegerischen Situation eindrucksvoller inszeniert als in „13 Hours“: Das Botschaftsanwesen ist bereits von verschiedenen, mit Maschinengewehren und Panzerfäusten bewaffneten Gruppierungen überrannt, als ein kleiner Trupp in einer nahegelegenen CIA-Basis stationierter US-Söldner zur Rettung herbeieilt. Da stehen sie nun, die perfekt ausgebildeten und perfekt ausgerüsteten Ex-Militärs, und wissen gar nicht so recht, wen sie nun eigentlich töten sollen: Immerhin sind fast genauso viele der Milizen pro-amerikanisch wie anti-amerikanisch eingestellt - nur unterscheiden kann man die einen von den anderen erst, wenn sie auf einen zu schießen beginnen. Es sind vor allem diese wahnwitzig-surrealen Momente, die die ganze Absurdität des Konflikts unterstreichen und „13 Hours“ so sehenswert machen: Für die amerikanischen Söldner ist es die Hölle auf Erden, aber für den einheimischen Nachbarn, der entspannt in seinem Garten Fußball guckt, obwohl vor seinem Grundstück gerade erst Dutzende Männer niedergemäht wurden, ist es nur ein weiterer Dienstagabend in Bengasi.

    Nachdem wir die Action in den späteren „Transformers“-Teilen nur noch wirr und ermüdend fanden, knüpft Michael Bay in „13 Hours“ endlich wieder an seine alten Stärken aus „The Rock“-Zeiten an! Trotz der stolzen Lauflänge von fast zweieinhalb Stunden hält er die Spannung (obwohl der Ausgang ja bekannt ist) konsequent hoch – und die vor allem dank Leuchtspurmunition imposanten Feuergefechte sind um ein Vielfaches intensiver als jede Roboterprügelei. Körper, Autos, Häuser – in „13 Hours“ wird alles zerfetzt, als wäre es aus Papier. Bay inszeniert seinen Film mit der handwerklichen Präzision und erbarmungslosen Brachialität eines ultramodernen Schnellfeuergewehrs – und liefert so eine ganz unmittelbare Seherfahrung, der man sich nicht nur wegen der höllischen Lautstärke der ständigen Explosionen und Gewehrsalven kaum entziehen kann.

    Wenn die Söldner mit ihren Nachtsichtgeräten von den Dächern herunterschießen, dann sind es zwar gesichtslose Horden, die sie da heranstürmen sehen. Aber anders als in „Lone Survivor“, in dem nur tote Araber gute Araber sind, inszeniert Bay die Angreifer nicht als Monster, sondern meist als chancenlos schlecht ausgestattetes Kanonenfutter (einer der US-Söldner sagt einmal: „Wissen die eigentlich nicht, dass wir Nachtsichtgeräte haben?“). Und am Ende gibt es sogar eine Szene, in der die libyschen Frauen, Mütter und Töchter herbeigeeilt kommen, um ihre Toten zu beweinen – inklusive in Zeitlupe wehender weißer Tücher. Solch einen pathetischen, für Bay typischen Schlusspunkt bekommen nicht einmal die Amis spendiert (die durften dafür zuvor in weichgezeichneten Rückblenden mit ihren Kindern Baumhäuser bauen). Der Punkt ist hier eben nicht: „Am besten töten wir sie einfach alle!“ Stattdessen lässt sich aus dem Film viel eher herauslesen: „Die Situation ist selbst vor Ort derart unübersichtlich, da haben wir nichts verloren.“ Sicherlich eine legitime Ansicht.

    Im Vorfeld des US-Kinostarts wurde von Verleiherseite wiederholt kolportiert, dass der Film gar nicht politisch gemeint sei. Dass das aber natürlich völliger Unfug ist, belegt zum einen der Untertitel des verfilmten Sachbuchs „13 Hours: The Inside Account Of What Really Happened in Benghazi“ – immerhin geht es ja genau um diese Frage auch im aktuellen US-Wahlkampf, in dem Hillary Clinton eine Mitschuld am Bengasi-Desaster angelastet wird. Zum anderen etabliert Bay hier auch ein (neues) politisches Feindbild: „13 Hours“ ist von einer alles andere als unterschwelligen Intellektuellenfeindlichkeit durchzogen, die Bay mit Stammtischkommentatoren und Donald-Trump-Anhängern verbindet. Im Film diskreditiert es jemanden völlig, wenn er in Yale oder Harvard zur Uni gegangen ist – und der CIA-Verantwortliche vor Ort (David Costabile) wird von Bay als unfähige Witzfigur bloßgestellt, nur weil er sich zunächst einen Überblick über die Situation verschaffen will. Alle, die nicht selbst den Finger am Abzug haben, sind in „13 Hours“ feige Waschlappen, die von nichts eine Ahnung haben. Und auch Frauen stören nur: Die voll ausgebildete CIA-Agentin (Alexia Barlier) versucht den starken Männern einmal zu helfen, legt sich aber schon auf der ersten Treppenstufe auf die Nase.

    Fazit: Hollywood-Obermacho Michael Bay kann auch in „13 Hours“ nicht ganz aus seiner Haut – liefert aber trotz einiger fragwürdiger Entscheidungen einen aufrüttelnd-ambivalenten Kriegsfilm mit krachend-intensiver Action.

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