Die Multikulti-Komödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ war nicht nur in Frankreich mit zwölf Millionen Zuschauern ein Riesenhit, sondern lockte auch beeindruckende vier Millionen Deutsche in die Kinos. Da war es für Regisseur Philippe de Chauveron naheliegend, bei seinem neuen Film, der Buddy-Komödie „Alles unter Kontrolle“, auf bewährte Kräfte zu setzen und zwei der damaligen „Schwiegersöhne“ (Ary Abittan und Medi Sadoun) als Darsteller zu verpflichten. Gemeinsam nehmen sie sich mit der Flüchtlingspolitik erneut ein vieldiskutiertes heißes Eisen vor, doch dieses Mal verkommt das vermeintlich entlarvende Spiel mit Klischees und Vorurteilen zu einem wenig witzigen Widerkäuen von stereotypen Vereinfachungen und der Film strandet in Albernheiten.
Paris. Der spanischstämmige Grenzpolizist José Fernandez (Ary Abittan) führt mit seinem Kollegen Guy (Cyril Lecomte) abgeschobene Flüchtlinge in deren Herkunftsländer zurück, wobei ihn die Geschichten seiner Schützlinge wenig interessieren. Als letzte Mission (die langerwartete Versetzung steht bevor) soll er noch den straffälligen Afghanen Massoud Karzaoui (Medi Sadoun) nach Kabul zurückbringen, was sich trotz der Beteuerungen des Mannes, dass er Algerier sei, wie ein Routinejob ausnimmt: „Piece of Cake!“ Doch dann muss das Flugzeug auf Malta notlanden und der auf seinen Namen Akim bestehende Flüchtling trickst seine Begleiter aus. Es kommt zu einer Odyssee, bei der sich der Polizist und der Abzuschiebende gezwungenermaßen besser kennenlernen: Zuerst geraten sie in Seenot und dann verschlägt es sie gemeinsam in ein Auffanglager auf Lampedusa...
Wenn der Grenzpolizist und der ungewollte Ausländer schließlich gemeinsam in einem Boot landen, dann klingt das auf dem Papier nach einem ebenso ironischen wie symbolträchtigen Höhepunkt in einem Plädoyer für den Humanismus und gegen die sogenannte Realpolitik. Aber um überzeugend von Menschlichkeit erzählen zu können, braucht es glaubhafte Figuren, denen man wenigstens einen Funken von Sympathie entgegenbringen kann. Das fällt in „Alles unter Kontrolle“ jedoch unglaublich schwer: José entpuppt sich bei einem Doppel-Date mit zwei Stewardessen und dem daraus entstehenden Eifersuchtsdrama mit seiner Maria (Reem Kherici) bald als nicht besonders helle und legt zudem eine fragwürdige Doppelmoral an den Tag („Meine Eltern waren zwar auch mal als Flüchtlinge nach Frankreich gekommen, aber das war eine komplett andere Situation...“). Für ihn spricht lediglich, dass sein Polizeikollege Guy sich noch unerträglicher verhält (Charaktereigenschaften: spitz wie Lumpi, in jeder erdenklichen Situation in der Lage zu schlafen und immer darauf bedacht, José daran zu erinnern, die Gefangenen zu siezen, weil die Alternative „respektlos“ sei).
Aber nicht nur die Vertreter des Systems kommen bei der Figurenzeichnung schlecht weg, auch das Opfer von Bürokratie und Fremdenfeindlichkeit erweist sich als überaus anstrengende Nervensäge mit kaum nachvollziehbaren Macken. Akims alberne Gesichtsakrobatik mit der immer wieder heraushängenden Zunge steht in keinerlei fruchtbarer Beziehung zu den im Grunde ernsten Themen des Films. Grober Klamauk schiebt sich hier immer wieder vor jeden Anflug von satirischer Entlarvung oder aufklärerischer Parteinahme. Emotionen kommen da kaum auf: Wenn die vorprogrammierte Schlusspointe schließlich erreicht ist, verpufft diese augenblicklich und die angesammelten Probleme werden im lieblos-unglaubwürdigen Hauruckverfahren in Wohlgefallen aufgelöst.
Vor der finalen Wendung ins angestrengt Sentimentale geht es umso zünftiger zu: Da setzt Akim seine Aufpasser in einem Amüsierbetrieb unter Drogen setzt, wodurch sie sich noch bekloppter verhalten als sonst – und schon davor haben die beiden Polizisten entschieden, den „harmlosen“ Flüchtling ohne Handschellen mit ins Nachtleben zu nehmen, um zu dritt (Akim spuckt das gepanschte Zeug natürlich zwischendurch aus) eine Flasche Wodka zu leeren. Aber im Vergleich zu einem Selbstmordversuch per Raumluftspray oder dem Knebeln eines Gefangenen mit einem in den Mund gequetschten Stück Seife ist der feuchtfröhliche Ausflug fast wirklich witzig. Ganz zu schweigen von den ganzen Kotz-, Durchfall- und Rülpswitzen.
Der pubertäre Fäkalhumor ist die eine (Geschmacks-)Sache, aber wenn dann auch noch die Mehrzahl der Pointen gar nicht erst zündet, weil einfach das richtige Timing fehlt (das war bei „Monsieur Claude“ noch ganz anders), dann ist nicht mehr viel zu retten und die wenigen gelungenen Momente gehen weitgehend unter – zumal die versuchte Wende ins Emotionale viel zu spät kommt. Auch wenn die Absichten ganz andere sein mögen, hinterlässt dieser Film einen schalen Beigeschmack angesichts von Szenen wie folgendem „Geschäftsgespräch“ unter Muslimen: „Das ist meine Schwester, die kannst Du haben“ - „Ist die Jungfrau?“ - „Ja, aber auch heiß!“. Da hilft es kaum, dass es hier um einen Trick geht, denn für eine Persiflage oder Satire ist der Film viel zu oberflächlich.
Fazit: Alberne und wenig glaubhaft erzählte Klamauk-Komödie um eine sich aus hanebüchenen Situationen entwickelnde Freundschaft zwischen einem Grenzpolizisten und einem Flüchtling.