Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
2,0
lau
Das schwarze Labyrinth - Death Games
Von Thomas Vorwerk

Der technische Fortschritt hat Filmemachern auch im Bereich der Computereffekte Möglichkeiten eröffnet, die vor zwei oder drei Jahrzehnten insbesondere bei schmalem Geldbeutel undenkbar waren. Und so wagt sich der italienische Regisseur Francesco Cinquemani mit recht bescheidenen Produktionsmitteln an eine durchaus ambitioniert angelegte Variante von „Die Tribute von Panem“, angereichert mit ein wenig „Maze Runner – Die Auserwählten im Labyrinth“ sowie einem Spiel mit der virtuellen Realität, das an „Matrix“ erinnert. Doch dem dystopischen Drama „Das schwarze Labyrinth – Death Games“ (Heimkinostart: 22. September 2016) ist nicht nur das limitierte Budget stellenweise anzusehen (die Effekte schwanken erheblich in der Qualität), es fehlt dem erkennbar auf mögliche Fortsetzungen hin ausgelegten Werk darüber hinaus auch die erzählerische Prägnanz.

Zehn Personen, zumeist in den 20ern, erwachen ohne Erinnerung an ihren Namen oder ihre Herkunft in einem labyrinthischen Großkomplex. Bald erkennen sie, dass sie Teil eines Wettbewerbs sind, den nur einer lebend gewinnen kann. Zu dieser Versuchsanordnung gehören auch eine geisterhaft wirkende „Frau in Weiß“, brutal agierende uniformierte Ordnungskräfte und der Spielleiter Adam (Alec Baldwin), der wie ein Big Brother über alle Vorgänge wacht und direkt ins Geschehen eingreifen kann. Er ist der Untergebene einer kleinen Kaste von Superreichen (darunter der von Danny Glover gespielte Kanzler Gordon), die über die versklavte hungernde Menschheit des Jahres 2156 herrscht. Bei dem Spiel mit Namen „Andron“ kann jeweils einer der Unglücklichen die Freiheit für sich und drei Angehörige erkämpfen. Aber die Veranstaltung ist von Korruption und Intrigen durchdrungen und aus dem mörderischen Wettkampf könnte eine Revolution erwachsen…

Wenn ein großer Star wie Jennifer Lawrence an einem tödlichen filmischen Wettkampf beteiligt ist, dann kann der Zuschauer ziemlich sicher davon ausgehen, dass ihre Figur nicht schon im ersten Teil ums Leben kommt. Ein solcher berühmter Name fehlt unter den Todeskandidaten in „Das schwarze Labyrinth“, aber das erhöht nicht etwa die Spannung. Dafür versäumen es die Filmemacher einfach über zu lange Zeit, eine emotionale Bindung zu irgendeiner der Figuren anzustreben. Nach und nach erfährt man zwar Details über die Teilnehmer des Spiels (ein Arzt und eine Polizistin sind darunter, einer hatte das Spiel zuvor einmal gewonnen), aber sie bleiben allesamt sehr blass. Und wenn die Gruppe dann dezimiert wird, dann wirken einige der Todesfälle extrem unmotiviert, als handelte es sich um ungewollte Unfälle und nicht um eine gezielte Taktik.

Ein geringes Budget treibt Filmemacher ja oft zu besonders kreativen Einfällen, doch hier funktioniert weder die Kombination von realen Bauten und (reichlich!) Computereffekten noch der peitschende Soundtrack, der ähnlich wie Spielmeister Adam immer dann die Handlung vorantreiben soll, wenn die Gefahr des Leerlaufs besteht („Shit! We have to move fast!“). An solchen Stellen kommt es dann immer wieder zu Kämpfen innerhalb der Gruppe von „Andron“-Spielern oder zu Auseinandersetzungen mit den Uniformträgern. Hin und wieder stirbt dann einer der zehn Kandidaten oder man ruft sich gegenseitig ein „Lauf!“ entgegen und die Karten werden gleichsam neu gemischt. Es wirkt, als wollten die Macher nicht nur die Spielteilnehmer, sondern auch die Zuschauer daran hindern, über diverse Schwachstellen nachzudenken. Es gibt keine Ruhe und es geht immer sofort weiter. Und zwar so schnell, dass man vielleicht gar nicht merkt, wie billig und unausgegoren einiges ist.

Zu den unbefriedigenden Einzelheiten gehört, dass die beiden Stars Alec Baldwin („30 Rock“) und Danny Glover („Lethal Weapon“-Reihe) im Grunde spannende Figuren verkörpern, aber ihren Rollen enttäuschend klein ausfallen: Adam bekommt in der ersten Hälfte des Films (als man noch kaum eine Idee hat, wie alles zusammenhängt) fast immer nur kurze Sätze im Stil von „Ah, jetzt wird es interessant!“ in den Mund gelegt und macht sich dann beispielsweise an schwebenden Monitorwänden zu schaffen (ein wenig wie Tom Cruise in „Minority Report“ – nur ohne die Poesie). Für wen es aber „interessant“ werden soll, ist eine der vielen offenen Fragen, die der Film hinterlässt.

Von der unausgegorenen Überlebenskampfprämisse bis zur allzu flüchtigen Starpräsenz – in „Das schwarze Labyrinth“ bleibt allzu vieles Blend- oder Stückwerk. Den Ansprüchen eines ambitionierten Genrefilms wird am ehesten die Kameraarbeit von Gherardo Gossi („Diaz - Don't Clean Up This Blood“) gerecht. Er schafft einige atmosphärische Momente, etwa wenn er das Publikum mit einer clever angelegten Kamerafahrt an dem zweifeln lässt, was es gerade gesehen hat: Erst betritt man mit einer Protagonistin einen leeren Raum, dann mit zwei anderen denselben Raum - aber die andere Frau scheint verschwunden. Hier entsteht eine reizvolle Irritation, die dann allerdings erzählerisch nicht aufgelöst wird.

Gegen die ganzen losen Fäden und unbeantworteten Fragen können auch die Schauspieler nichts machen, aber zumindest bei Skin, die hier am ehesten als Hauptdarstellerin durchgeht, ist eine gewisse Leidenschaft für das Projekt zu spüren. Die charismatische Frontfrau der Rockband Skunk Anansie, die in den 90er Jahren ihre größte Zeit hatte, spielt mit der aufsässigen Anita nicht nur die durchdachteste und dialogreichste Rolle unter den zehn „Andron“-Kontrahenten, sondern auch die mit Abstand gelungenste Figur. Aber der revolutionäre Funke springt nicht so recht über.

Fazit: Preiswert heruntergekurbelte Variation der „Hunger Games“, die trotz überdeutlicher Schwächen immerhin über weite Strecken recht kurzweilig ausfällt.

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