Das Motiv des phantastischen Horrors, der hinterrücks in den Alltag der Hauptfiguren einbricht, hat seine Wurzeln in den Gruselgeschichten der Schwarzen Romantik des späten 18. Jahrhunderts. Mit seinem Echtzeit-Horror-Thriller „Unknown User“ überträgt Regisseur Levan Gabriadze („Lucky Trouble“) dieses Prinzip nun ins digitale Zeitalter. Die Leinwand wird über die gesamte Laufzeit von dem gefüllt, was auf dem Desktop-Monitor der Schülerin Blaire (Shelley Hennig) zu sehen ist. Eine Google-Recherche, ein YouTube-Video und schon ist die Hintergrundgeschichte etabliert: Blaires Freundin Laura (Heather Sossamon) war im Internet bloßgestellt worden und hat vor genau einem Jahr Selbstmord begangen. Nun klinkt sich ein ungebetener Gast in den Videochat zwischen Blaire und fünf ihrer Highschool-Freunde ein und tyrannisiert die Gruppe frei nach dem Motto: „Ich weiß, was du letzten Sommer ins Internet geladen hast.“ Jeder der Beteiligten hat nämlich miese Geheimnisse, die der Hacker nach und nach aufdeckt. Bald schwant den Freunden, dass der „komische Skypetyp“ der rachsüchtige Geist der toten Laura sein könnte. Das Grauen erobert mit realen Konsequenzen den virtuellen Raum und wenig später fließt Blut...
Die formale Prämisse wird von Levan Gabriadze konsequent umgesetzt. Wir sehen auf mehreren Bildschirmfenstern die Webcambilder der Skype-Gesprächspartner, Facebookseiten, Browserleisten und diverse Chatoberflächen. Es gibt entsprechend viel zu lesen, denn es wird gechattet, was das Zeug hält (mit den üblichen Vereinfachungen, Fehlern, Kürzeln und Symbolen – alle Texte wurden hierzulande ins Deutsche übertragen). Im Online-Freundeskreis gibt es dazu praktischerweise einen Computernerd, der bei Bedarf eine gestelzte Erklärung für alle weniger in den Feinheiten der digitalen Welt bewanderten Zuschauer liefert, aber im Ganzen wirkt das Setting durchaus überzeugend, wobei „Unknown User“ wie der ähnlich arrangierte „Open Windows“ nicht ganz ohne Ungereimtheiten auskommt: Als einer der Freunde den Stalker in seinem Zimmer vermutet und die Flucht ergreifen will, nimmt er seinen Laptop nämlich aus demselben banalen Grund mit wie etliche Figuren aus Found-Footage-Filmen vor ihm die Kamera: damit die (sichtbare) Handlung nicht abbricht.
Von solchen arg offensichtlichen Kniffen abgesehen wird über die wechselnde Anordnung der Fenster auf Blaires Bildschirm recht geschickt die Aufmerksamkeit gelenkt und die alsbald in Gang gesetzte Abzählreim-Mechanik erweist sich als durchaus spannend - garniert wird das Ganze mit einigen effektiv platzierten Schock- und Splattermomenten. Dass die Figuren allesamt mehr oder weniger unausstehlich sind, schmälert die Wirkung dagegen schon ein wenig und der/die/das Böse bleibt enttäuschend unbestimmt, ohne dass dadurch im Gegenzug etwa das Thema der Anonymität im Netz vertieft würde. Doch das fixe Erzähltempo, das gelegentlich fast ironisch durch eine stockende Internetverbindung gebremst wird, lässt nicht allzu viel Zeit für Einwände und es bleibt immerhin ein recht effektiver Cyber-Thriller mit Horrorelementen.
Fazit: „Unknown User“ ist ein kurzweiliger, formal und thematisch leidlich spannender Social-Media-Horror-Thriller.