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    Das erste Omen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Das erste Omen

    So gut sehen (Horror-)Filme nur ganz, ganz selten aus

    Von Christoph Petersen

    Der Satansbraten-Schocker „Das Omen“ von „Superman“-Regisseur Richard Donner stand immer ein wenig im Schatten von „Der Exorzist“, der drei Jahre zuvor nicht nur zum bis dahin erfolgreichsten Horrorfilm aller Zeiten avancierte, sondern darüber hinaus auch noch mit zehn Oscarnominierungen ausgezeichnet wurde. Aber ein halbes Jahrhundert später hat sich das Blatt nun gewendet: Wo das Sequel „Der Exorzist: Bekenntnis“ erst vor wenigen Monaten an den Kinokassen und bei der Kritik durchfiel, erweist sich „Das erste Omen“ nun als faustdicke Überraschung. Nachdem es zum 1976 erschienenen Original bereits drei Fortsetzungen und ein Remake gab, verfolgt die Regie-Newcomerin Arkasha Stevenson in ihrem Prequel erstaunlich ambitionierte Pläne, wie man sie dem Franchise eigentlich gar nicht mehr zugetraut hätte.

    So sieht der Film, bei dem es zumindest so wirkt, als sei er auf analogem Material gedreht worden, zunächst mal absolut fantastisch aus! Wie schon bei den 70mm-IMAX-Kopien von „Dune 2“ ist deshalb davon auszugehen, dass viele US-Filmfans auch längere Anfahrten in Kauf nehmen werden, um den Film im analogen 35-mm-Format genießen zu können. Aber selbst wenn man „Das erste Omen“ in Deutschland „nur“ in digitaler Form im Kino zu sehen bekommen wird, tut auch das der visuellen Qualität kaum einen Abbruch – und das Sounddesign ist in ähnlich hohen Tönen zu loben. Wenn man dann nach knapp zwei Stunden aus dem Kinosaal kommt, wird das Hauptgesprächsthema trotzdem nicht direkt das herausragende handwerkliche Talent sein – schließlich serviert die auch für das Skript mitverantwortliche Regisseurin auch noch einige besonders drastische Body-Horror-Szenen, die sich so leicht nicht abschütteln lassen.

    „Das erste Omen“ sieht einfach verdammt gut aus – eine solch analogen Look muss man in dieser Qualität auch erst mal hinbekommen! Disney und seine verbundenen Unternehmen
    „Das erste Omen“ sieht einfach verdammt gut aus – eine solch analogen Look muss man in dieser Qualität auch erst mal hinbekommen!

    Margaret (Nell Tiger Free) ist in den USA in einem Waisenhaus im Schoß der Kirche aufgewachsen. Im Jahr 1971 folgt sie ihrem Kardinal Lawrence (Bill Nighy) nach Italien, um im von Studentenprotesten erschütterten Rom ihr Gelübde als Nonne abzulegen. Bevor es so weit ist, wird sie aber nicht nur von ihrer deutlich aufgeschlosseneren Mit-Anwärterin Luz (Maria Caballero) dazu überredet, es zum ersten Mal in ihrem Leben so richtig krachen zu lassen – in einer Disco, mit Männern und Alkohol. Zugleich trifft Margaret in ihrem Job in einem katholischen Kinderheim auch noch auf ein verstörtes Mädchen, das von den übrigen Nonnen bei jeder Verfehlung sofort schwer bestraft wird.

    Als sie der exkommunizierte Priester Brennan (Ralph Ineson) auf der Straße anspricht, um ihr von gotteslästerlichen Vorgängen hinter den Klostermauern zu berichten und sie um ihre Hilfe bei der Aufklärung zu bitten, glaubt Margaret zunächst, der Mann sei schlichtweg verrückt. Aber die beunruhigenden Anzeichen häufen sich – und so stellt die angehende Nonne schließlich doch eigene Nachforschungen an, was es mit den Teufelsmalen 666 und all den am 6. Tag des 6. Monats um 6 Uhr morgens geborenen Kindern auf sich hat…

    Variationen ikonischer Todesszenen

    Neben der oscarprämierten Filmmusik von Jerry Goldsmith ist „Das Omen“ auch wegen seiner aufwändig inszenierten Todesszenen, die mitunter wie Vorläufer der „Final Destination“-Reihe anmuten, in Erinnerung geblieben. Schließlich wird der fünfjährige Damien nicht selbst handgreiflich, vielmehr ist es eine satanische Macht, die immer wieder grausame Unfälle herbeiführt – wie in einer ganz besonders spektakulären Szene, bei der eine von der Ladefläche eines Lastwagens heruntergleitende Glasscheibe einen allzu neugierigen Reporter enthauptet. In „Das erste Omen“ variiert Arkasha Stevenson gleich mehrere dieser ikonischen Momente: So kracht bei Bauarbeiten an einer Kirche direkt im Prolog ein gesplittertes Fenster in Superzeitlupe auf den Priester Harris (Charles Dance) herab – mit splattrigen Folgen, die schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf das bieten, was da noch kommen mag.

    Im Vergleich zum Original geht „Das erste Omen“ allerdings deutlich weiter – und zwar dorthin, wo die Schockmomente nicht länger (nur) unterhalten, sondern mitunter richtig wehtun: Eine an „Nightmare – Mörderische Träume“ angelehnte Szene, in der eine Kralle aus einer halbgeöffneten Vagina herausgreift, hätte dem Film in den USA sogar fast ein bei Studioproduktionen superseltenes NC-17-Rating eingehandelt (und damit Disney vermutlich zum Handeln gezwungen, weil sich Filme mit einer solch strengen Altersfreigabe kaum vermarkten lassen). Sowieso offenbart Arkasha Stevenson eine Vorliebe für eine Art von Body Horror, bei dem sie im Gegensatz zum Genre-Vorreiter David Cronenberg („Die Fliege“) vor allem die Eigenheiten des weiblichen Körpers erforscht. Schwangerschaft und Geburt sind häufig erlebte Horror-Themen – aber mit einer solchen visuellen Drastik wurden sie im Mainstream-Kino bislang selten ausexerziert.

    In den Kellern des Klosters gehen wahrhaft ungeheuerliche Dinge vor sich! Disney und seine verbundenen Unternehmen
    In den Kellern des Klosters gehen wahrhaft ungeheuerliche Dinge vor sich!

    Mit ihrer Hauptdarstellerin Nell Tiger Free hat die Regisseurin dabei eine kongeniale Komplizin an ihrer Seite: Nachdem sie sich als angehende Nonne zunächst noch galant zurückhält, entwickelt der Star aus M. Night Shyamalans Mystery-Serie „Servant“ auf der Schlussgeraden eine geradezu animalische Körperlichkeit. Speziell eine Szene, in der sie ohne Computertricks nur mit Zuckungen und Verrenkungen die tierische Seite ihrer Figur aus sich herausschüttelt, entwickelt sich zur verstörenden Schauspiel-Tour-de-Force mit Anleihen an die legendäre U-Bahn-Szene aus Andrzej Zulawskis Meisterwerk „Possession“.

    Zumindest kleine Abzüge in der B-Note gibt es aber trotzdem: Nach dem Prolog braucht der Film eine ganze Weil, um richtig in die Gänge zu kommen – und im Finale fährt er plötzlich merkwürdig zweigleisig (wer den Film gesehen hat, weiß, was ich meine). Das sind aber Dinge, über die man angesichts der audiovisuellen Stärken des Films nicht nur gerne hinwegsieht, sie haben auch direkt etwas mit dem Prequel-Status von „Das erste Omen“ zu tun: Man muss halt irgendwie dort hinkommen, wo Gregory Peck als US-Botschafter in Rom am 6. 6. um 6 Uhr von einer Krankenschwester ein Ersatz-Baby in die Hand gedrückt bekommt. Aber abgesehen davon liefert Arkasha Stevenson eines der aufregendsten (Horror-)Kinodebüts seit Langem – allein schon, weil man kaum glauben mag, dass sie dabei direkt im ersten Anlauf dermaßen visuell geschmackssicher agiert (und ansonsten alle Regeln des guten Geschmacks mit Anlauf in die Weichteile tritt).

    Fazit: Einer der ambitioniertesten Franchise-Gruselfilme seit langer Zeit! Handwerklich und schauspielerisch herausragend – mit drastischen (Female-)Body-Horror-Einschüben, die nachhaltig unter die Haut gehen. Zugleich führt die Voraussetzung, zu den Geschehnissen im ersten „Das Omen“-Film von 1976 hinzuleiten, gerade zu Beginn und auf der Schlussgeraden aber auch zu einigen umständlichen Erzählentscheidungen.

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