Nach seinem Serienkillerfilm „Antikörper“ realisierte der deutsche Regisseur Christian Alvart in Hollywood die Thrillerstoffe „Fall 39“ mit Renée Zellweger sowie „Pandorum“ mit Dennis Quaid und Ben Foster, bevor er für eine Handvoll „Tatort“-Folgen (unter anderem mit Til Schweiger) und das Thriller-Drama „Banklady“ in die Heimat zurückkehrte. Mit „Halbe Brüder“ legt Alvart hier nun auch seine erste Komödie vor, die mit einer knalligen Besetzung aufwartet: Paul „Sido“ Würdig, der „Tatort“-Kommissar Fahri Yardim und der YouTube-Comedian Tedros Teclebrhan alias Teddy Comedy spielen drei extrem ungleiche Halbbrüder, die sich unfreiwillig auf einen gemeinsamen Roadtrip begeben. Das Drehbuch stammt aus der Feder von Doron Wisotzky, der schon mit den Vorlagen zu „What a Man“ und „Schlussmacher“ seinen Hang zu seichten Mainstream-Lustspielen gezeigt hat. Im Vergleich zu jenen Matthias-Schweighöfer-Vehikeln gerät Alvarts Kumpel-Komödie zwar etwas anarchischer, allerdings werden durch die ermüdende Anhäufung von derben Kalauern und unreflektiert plumpem Humor viele Sympathien verspielt.
Die Geschichte beginnt wie ein Witz: Ein Deutscher, ein Türke und ein Afrikaner gehen zu einer Testamentseröffnung. Dort erfahren der Familienvater und Trickbetrüger Julian (Paul Würdig), der verzogene und sensible Yasin (Fahri Yardim) und der rappende Addi (Tedros Teclebrhan) zu ihrem großen Erstaunen, dass sie Halbbrüder sind. Die drei können sich auf Anhieb nicht sonderlich ausstehen, müssen aber wohl oder übel an einem Strang ziehen, denn in ihrem Testament vermacht die gemeinsame Hippie-Mutter dem Trio satte 120.000 Euro, was allerdings an eine Bedingung geknüpft ist: Julian, Yasin und Addi sollen das versteckte Erbe im Rahmen einer Schnitzeljagd finden, die sie auch zu ihren leiblichen Vätern führt.
Die Story von „Halbe Brüder“ ist arg konstruiert, aber sei's drum, leichte Komödien sind eben nichts für schnöde Wahrscheinlichkeitskrämer. Und hat man sich einmal an das kuriose Halbbrudertrio gewöhnt, verfügt die Multikulti-Deutschlandreise von Sido („Blutzbrüdaz“), Fahri Yardim („Alles ist Liebe“) und Teddy Teclebrhan durchaus über einen gewissen darstellerischen Charme. Geschmackssache ist hingegen der brachiale Humor des Buddy-Roadmovies, der in einer episodischen Abfolge kleiner und großer Kalauer ausgebreitet wird. Oft geht es dabei um Sex oder Fäkalien wie etwa wenn einer der Brüder während der Testamentseröffnung unüberhörbare Geräusche absondert, gegen die Leslie Nielsens Pinkelmarathon im Klamauk-Klassiker „Die nackte Kanone“ fast feinsinnig anmutet. Wirklich zündende Gags wie das bizarre rosa Inkassokaninchen, das den Brüdern stets auf die Schliche kommt, bleiben indes Mangelware und gelegentliche Entgleisungen wie beim frauenfeindlichen Abspannsong „Mama war ne Schlampe“ stehen schließlich symptomatisch für den stets „männlichen“, dabei oft mehr als fragwürdigen Blickwinkel, der hier eingenommen wird.
Das Problem ist weniger der rüde Tonfall als die oft nicht erkennbare reflexive Distanz. Die Besetzung der ungleichen Halbbrüder macht den Film zwar ganz automatisch auch zu einer Culture-Clash-Story, ein besonders tiefsinniges Spiel mit Klischees und Vorurteilen entsteht dabei trotz gelegentlich treffender Pointen allerdings nicht. Immerhin stimmt die Chemie zwischen den drei Zugpferden und die Nebendarsteller, etwa Mavie Hörbiger („What a Man“) als Pauls stets auf Verbesserung bedachte Gattin, sorgen mit eigenen Duftmarken für Abwechslung und Kurzweil. Ein klares Highlight sind zudem die selbstironischen und lebhaften Gastauftritte zahlreicher deutscher Schauspieler und Promis - von Charly Hübner („Das Leben der Anderen“) über Samuel Finzi („Kokowääh“) und Detlev Buck („Herr Lehmann“) bis hin zu Friedrich Liechtenstein („Supergeil“) oder Lilo Wanders („Liebe Sünde“) -, die für amüsante Einschübe in einer längst nicht immer geschmackssicheren Komödie sorgen.
Fazit: Bunt besetzte Roadmovie-Komödie mit einem oft unausgereiften Humor, der sicherlich nicht jedermanns Sache ist.