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    Freunde fürs Leben
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Freunde fürs Leben
    Von Katharina Granzin

    „Abschied ist ein bisschen wie sterben“, sang einst die Schlagersängerin Katja Ebstein. Ob das nun stimmt, wer weiß das schon. Auf jeden Fall aber gilt umgekehrt: Wenn jemand stirbt, dann heißt es Abschied nehmen. Der spanische Regisseur Cesc Gay („Ein Freitag in Barcelona“) hat einen Film über das Sterben gemacht, der eigentlich ein Film über das Abschiednehmen angesichts des sicheren Todes ist. Zugleich ist es ein Film über eine selbstverständliche und tiefe Freundschaft zwischen zwei Männern. Völlig unsentimental, aber mit feinem psychologischem Sensorium, unaufgeregt, aber sehr berührend erzählt Gay eine Geschichte (das Drehbuch schrieb er zusammen mit seinem Co-Autor Tomás Aragay), die eigentlich der Stoff für ein klassisches Drama oder auch für ein Melodram wäre. Aber „Freunde fürs Leben“ zeigt dem Drama gewissermaßen die kalte Schulter, auch wenn es keine wirklich passendere Genrebezeichnung für diesen von einer gelassenen, fast heiteren Grundstimmung getragenen Film gibt. „Freunde fürs Leben“ ist von einer großen Wahrhaftigkeit geprägt, die das Werk auch seinen hervorragenden Schauspielern verdankt.

    Julián (Ricardo Darin) und Tomás (Javier Cámara), zwei nicht mehr ganz junge Männer, kennen sich schon lange. Sie sind ehemalige Mitbewohner und im Grunde immer noch beste Freunde, auch wenn Tomás seit vielen Jahren in Kanada wohnt, wo er als Informatik-Professor arbeitet und eine Familie gegründet hat. Julián, der ursprünglich aus Argentinien stammt, lebt in Madrid und schlägt sich als Schauspieler durch. Auf Drängen seiner Frau fliegt Tomás für ein paar Tage nach Spanien, um den alten Freund, der unheilbar an Krebs erkrankt ist, ein womöglich letztes Mal zu sehen und ihm so weit wie möglich zu helfen. Julián, der nach der letzten Chemotherapie beschlossen hat, die aussichtslose medizinische Behandlung abzubrechen, ist bereits dabei, seine Angelegenheiten zu ordnen. Dazu gehört vor allem, ein zukünftiges Heim für seinen geliebten Hund zu besorgen, was sich als schwieriger herausstellt als erwartet. Auch ein Besuch bei Juliáns Sohn in Amsterdam läuft nicht ganz so wie geplant. Für Juliáns Cousine Paula (Dolores Fonzi) wiederum hatte Tomás schon immer eine Schwäche...

    Regisseur Cesc Gay banalisiert die Trauer nicht. Aber er stutzt dem Tod mit seinem Film vielleicht ein bisschen den Stachel, indem er still das Leben feiert und den Abschied von eben diesem Leben in großer Gelassenheit zelebriert. Zeit zu haben, diesen Abschied bewusst zu nehmen, ist auch eine Form von Lebensqualität, wie wir an Julián sehen. Dass es allerdings bei allem guten Willen immer schwierig ist, offen mit dem Tod umzugehen, wird ebenso vorgeführt - in vielen, vielen kleinen Szenen, oft gleichsam nur im Vorbeigehen. Zufällige Begegnungen mit Bekannten etwa lösen im todgeweihten Julián zuverlässig ungebetene Emotionen aus, sei es, dass er glaubt, aufgrund seines Zustandes von einem alten Freund absichtlich übersehen worden zu sein, oder, umgekehrt, dass er selbst denkt, das Mitleid von jemandem nicht verdient zu haben, den er einst verletzt hat. Bei der Suche nach einem neuen Heim für Truman verschweigt er grundsätzlich seine Krankheit und gibt stattdessen vor, lange verreisen zu müssen.

    Man wird weder ein besserer noch ein klügerer Mensch, nur weil man sterben muss, auch gehen die anderen nicht wirklich mit einem um – wie eine Szene mit Juliáns Arbeitgeber, dem Theaterbesitzer, zeigt, der ihn kurzerhand feuert, um einem Gesunden seine Rolle zu geben. In solchen Momenten begibt sich Cesc Gay in eine sehr schmale Kluft zwischen schwarzer Komödie und Melodram, gibt aber nie der Versuchung nach, seine mild beobachtende Erzählposition zugunsten einer allzu offensichtlichen Pointe zu verlassen. Der stille Genuss liegt in der Andeutung – und im sehenswerten Mienenspiel der beiden großartigen Hauptdarsteller. Während sich im Gesicht von Ricardo Darin („In ihren Augen“) die ständig wechselnd gemischten Emotionen des impulsiven Julián spiegeln, geht von Javier Camaras („Sprich mit ihr“) Tomás eine ausgeglichene Freundlichkeit aus, der stets eine Prise liebevoller Ironie beigemischt scheint – eine offenbar unerschütterliche Haltung, die aber auch er nicht ganz bis zum Ende aufrechterhalten kann.

    Fazit: Wohin mit dem Hund? Das ist nur eine der Fragen, die es zu lösen gilt, wenn man sterben muss. Der berührende spanische Film „Freunde fürs Leben“ zeigt auf rührend undramatische und fast heitere Weise, dass sich alles schon irgendwie ordnen wird – wenn man nur wirkliche Freunde hat.

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