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    Dealer - Trip in die Hölle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Dealer - Trip in die Hölle
    Von Lars-Christian Daniels

    Mit seinem herausragenden Debütfilm „Pusher“ sorgte der spätere „Drive“-Regisseur Nicolas Winding Refn 1996 für Furore: Sein knallharter Low-Budget-Thriller mit den beiden Dealern Frank (Kim Bodnia) und Tonny (Mads Mikkelsen) schlug ein wie eine Bombe – und der dänische Filmemacher ließ es sich nicht nehmen, auch die kaum minder sehenswerten Sequels „Pusher II: Respect“ und „Pusher 3“ zu inszenieren. Wem die vielgelobte Trilogie gefiel, der sollte die ähnlich gelagerte Genreperle „Dealer - Trip in die Hölle“ auf keinen Fall verpassen: Der französische Newcomer Jean-Luc Herbulot („The Bends“) erzählt in seinem knallharten Gangster-Thriller eine ganz ähnliche Geschichte und übertrifft damit Luis Prietos „Pusher“-Remake von 2012. Herbulots Spielfilmdebüt, das auf vielen internationalen Filmfestivals lief und hierzulande direkt auf DVD erscheint, ist ein visuell aufregender und hochspannender Höllentrip durch die Straßen von Paris.

    Der titelgebende „Dealer“ – das ist der kriminelle Dan (Dan Bronchinson), der wie sein Partner Salem (Salem Kali) in der Drogenszene der französischen Metropole zuhause ist. „Ich bin der auf deinen Parties, den keiner kennt, aber jeder einladen will“, stellt sich Dan vor: Der Mann kann einfach alles besorgen, was auf dem Markt ist. Die inhaltliche wie stilistische Nähe zu „Pusher“ ist greifbar: Jean-Luc Herbulot setzt fast ausschließlich auf wackelige Handkamerabilder, die dem Geschehen eine wahnsinnig hohe Authentizität einhauchen. Und wie Refns Film beginnt auch „Dealer“ mit einem unschlagbaren Angebot: Dan, der nie ohne rote „CCCP“-Jacke anzutreffen ist, soll ein Kilo Koks in drei Stunden besorgen und dafür 50.000 Euro einstreichen. Er willigt ein, denn er will mit seiner Tochter Léna (Maïa Bonami), die bei ihrer Mutter Katia (Fatima Adoum) lebt, auswandern und sein Dealer-Dasein hinter sich lassen. Es kommt, wie es kommen muss: Der Deal geht schief. Dan lässt sich den Stoff aus seiner Wohnung mit der Prostituierten Chris (Elsa Madeleine) klauen und steht bei Gangsterboss Delo (Bruno Henry) und dessen Handlanger Cartouche (Hervé Babadi) in der Kreide.

    Hämmernde Elektrobeats peitschen das Treiben auf den Pariser Straßen und Hinterhöfen voran: In bester „Crank“-Manier begibt sich Dan auf einen adrenalinschwangeren Trip durch die Großstadt und macht dabei keine Gefangenen. Als befände man sich in einer Episode des Videospiels „Grand Theft Auto“ wird dabei sein aktueller Cash-Account eingeblendet: Hat Dan ein paar Tausender aufgetrieben, rattert der Zählerstand nach oben. Trotz der knappen Gesamtlänge von 75 Minuten fehlt es Herbulots Thriller keineswegs an Substanz: Die wendungsreiche Handlung wird gekonnt eingedampft und in mörderisch hohem Schnitt- und Erzähltempo vorgetragen. Etwas mehr Eigenständigkeit hätte dem harten Drogen-Thriller, der sich auch in Sachen Brutalität und Body-Count nicht vor „Pusher“ verstecken muss, aber gut zu Gesicht gestanden. Viele Ideen stammen offensichtlich aus anderen Filmen. Dans Zuschauer-Tipps aus dem Off kennen wir zum Beispiel vom ängstlichen Columbus (Jesse Eisenberg) in „Zombieland“, während die „Stellen Sie die Rückenlehnen senkrecht“-Metapher beim entscheidenden Twist in David Finchers Meisterwerk „Fight Club“ zum Einsatz kommt.

    Fazit: Jean-Luc Herbulots knallharter Drogen-Thriller „Dealer“ ist Frankreichs Antwort auf „Pusher“ und braucht den Vergleich mit Refns Klassiker nicht zu scheuen.

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