Mein Konto
    Welcome Goodbye
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Welcome Goodbye
    Von Christian Horn

    Der Zankapfel „Tourismus“ steht in Berlin seit einigen Jahren ganz oben auf der Meckerliste: „No more Rollkoffer“ fordert etwa ein im Stadtgebiet weit verbreiteter Sticker. Während die einen über nächtliche Ruhestörung durch derben Partytourismus klagen, begrüßen andere dagegen den Tourismus, der ein immer wichtigerer Wirtschaftsfaktor ist und zudem das Nachtleben frisch hält. Nachdem die Berliner Filmemacherin Nana Rebhan in ihrer ersten Dokumentation „Berlin: Hasenheide“ den berühmt-berüchtigten Park zwischen Kreuzberg und Neukölln porträtierte, leistet sie mit „Welcome Goodbye“ nun einen Beitrag zur teils engstirnig geführten Tourismusdebatte in der Hauptstadt. Hierfür stellt Rebhan das ganze Spektrum an Ansichten wertfrei nebeneinander und begleitet einige Besucher durch die Stadt. Herausgekommen ist eine inhaltlich ausgewogene und gut informierte, formal aber etwas schnöde und langweilige Berlin-Dokumentation.

    Seit Jahren verzeichnet Berlin eine wahre Touristen-Explosion: Im Jahr 2013 waren rund 27 Millionen Übernachtungen in der Stadt zu verzeichnen, bei stetig steigender Tendenz. Insbesondere die so genannten Partytouristen sind dabei vielen Anwohnern ein Dorn im Auge. So kommt in Nana Rebhans Dokumentation etwas ein Plattenladenbesitzer zu Wort, der die schnell voranschreitende Gentrifizierung in Kreuzberg beklagt, während der Künstler Martin Reiter „Touristen“ seines österreichischen Akzents wegen fast wie „Terroristen“ ausspricht. Eine gemäßigte Ansicht vertritt hingegen unter anderem der Kolumnist Harald Martenstein, während ein Tourismusmanager die Meinung vertritt, dass Berlin eine umfassende Gentrifizierung bitter nötig hat. Abseits der Interviews begleitet Rebhan verschiedene Touristen, die Berlin aus ganz unterschiedlichen Motivationen heraus bereisen – vom Clubgänger aus San Francisco über zwei junge Taiwanesinnen mit einem straffen Touri-Programm bis zum mexikanischen Kurzfilmmacher reicht die Bandbreite der Berlin-Besucher.

    Eine Sonderrolle unter den vielen Interviewpartnern und Protagonisten spielt dabei die Kunstfigur Christian, der die einzelnen Stränge verbindet. Als persönlicher Reiseführer begleitet er die verschiedenen Berlin-Besucher durch die Stadt – oder entdeckt an ihrer Seite selbst neue Aspekte. In diesen Momenten begibt sich „Welcome Goodbye“ selbst auf eine Art Sightseeing-Tour und besucht den Touristenmassen folgend zahlreiche Sehenswürdigkeiten wie etwa den Checkpoint Charlie oder die stadtbekannte Karaoke-Veranstaltung am Mauerpark. Mit den vielen verschiedenen Perspektiven, die im Verlauf von knapp 80 Minuten zusammen kommen, eröffnet Nana Rebhan ein breit gefächertes Panorama, das dem Zuschauer zur eigenen Meinungsbildung anregt. Die Regisseurin selbst nimmt dabei eine zurückhaltende Position ein, die vor allem auf die Vielfalt der zahlreichen Berlin-Besuchern verweist – und somit auch zwischen den beiden Lagern zu vermittelt sucht.

    Fazit: Mit „Welcome Goodbye!“ hat Nana Rebhan eine vielstimmige und stilistisch unaufgeregte Dokumentation über den zunehmenden Tourismus in Berlin gedreht, die einen guten Überblick über das Thema gibt.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top