Es ist ein Gedanke, den man sich beim Besuch eines großen Museums nur allzu selten stellt: Wie funktioniert eigentlich eine solche Institution, was passiert hinter den Kulissen, wie viele Menschen arbeiten in den verschiedensten Positionen, um den Museumsbetrieb am Laufen zu halten? Diesen Ansatz verfolgte der österreichische Dokumentarfilmer Johannes Holzhausen bei der Arbeit an „Das große Museum“, in der er das Kunsthistorische Museum Wien porträtiert. Mit zurückhaltendem Blick zeigt er das tägliche Geschehen im Museum, beobachtet Restaurateure und Wissenschaftler bei der Arbeit und stellt ganz beiläufig auch vielschichtige Fragen über das Selbstverständnis einer solchen Institution in Zeiten knapper Kassen und dem Druck, im touristischen Wettstreit die eigenen Qualitäten herauszustellen.
Johannes Holzhausen, selbst ehemaliger Student der Kunstgeschichte bekam für seine Dokumentation praktisch unbegrenzten Zugang zum Kunsthistorischen Museums Wien, kurz KHM. Er nutzte diese Freiheiten, um sowohl in Sitzungen der Marketingabteilung zu filmen, als auch Gesprächen von Kunsthistorikern zu lauschen, sowie Restauratoren bei der Arbeit zuzusehen. Besonders diese Mitarbeiter des KHMs haben es Holzhausen angetan, all die Menschen, die stets im Schatten der Kunst stehen, ohne deren Arbeit ein Museum aber nicht funktionieren kann.
In lose assoziierten Momentaufnahmen entsteht ein umfassendes Porträt der Arbeit im KHM, lose strukturiert durch die Restaurierung der Schatzkammer. Besonders wertvolle Exponate sind hier versammelt, die nach der Wiedereröffnung im Frühjahr 2013 zum Prunkstück des Museums werden sollen. Viel Augenmerk richtet Holzhausen hier auf die Entscheidungsprozesse der Marketingabteilung, wo ebenso penibel nach der passenden Schrift für Plakate wie nach der möglichst publikumswirksamen Präsentation gesucht wird.
Ganz unterschwellig deutet Holzhausen auch gewisse Konflikte an: Ein erheblicher Teil der Sammlung des KHM zeigt Reminiszenzen an die Habsburger, deren politische Macht zwar kaum noch existent ist, deren Erinnerung in der österreichischen Gesellschaft aber hoch gehalten wird. Wie soll eine Institution wie das KHM nun mit dieser Vergangenheit umgehen? Eigentlich versteht man sich als moderne, der Demokratie verpflichteten Institution, doch gerade die Vermarktung von Juwelen, Kronen und anderen Reliquien der ehemaligen K.-und-k.-Monarchie in der nun „Kaiserliche Schatzkammer“ genannten Sammlung, sind besonders publikumswirksam.
Und auch die Konflikte innerhalb des Hauses werden nicht ausgespart: Eine langjährige Mitarbeiterin des Aufsichtspersonal beschwert sich darüber, dass sie und ihre Kollegen nie offiziell vorgestellt wurden, Abteilungsleiter mokieren eine in ihren Augen ungerechte Verteilung der finanziellen Mittel. Doch bei allen Problemen scheint doch stets die Begeisterung durch, die die Mitarbeiter des KHM angesichts ihrer Arbeit empfinden, die ihnen einen täglichen Umgang mit großartigen Kunstwerken ermöglicht.
Diese Begeisterung für die Kunst und für die Institution eines Kunstmuseums ist auch in Johannes Holzhausens Blick zu spüren. So sehr es in „Das große Museum“ um Menschen geht, im Kern geht es um die Kunst, egal ob das die Restauration eines Flaschenschiffs ist, das vorsichtige Putzen einer Vase oder das sorgfältige Umhängen von Gemälden. Umso schöner, dass am Ende kein dezidierter Werbefilm für das KHM entstanden ist, sondern eine fein beobachtete Dokumentation über die Funktionsweisen einer eindrucksvollen Institution.
Fazit: Mit zurückhaltendem Blick porträtiert Johannes Holzhausen in seiner Dokumentation „Das große Museum“ die Funktionsweisen und Mitarbeiter des Kunsthistorischen Museums Wien und zeigt spannende Einblicke hinter die Kulissen einer komplexen Institution.