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    Knock Knock
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Knock Knock
    Von Christoph Petersen

    Keanu Reeves hat es in seiner Karriere bereits mit Extremsport-Verbrechern („Gefährliche Brandung“), Vampir-Grafen („Bram Stoke'rs Dracula“), Menschen als Batterien missbrauchende Maschinen („Matrix“), den Mördern seines Hundes („John Wick“) und sogar dem Beelzebub persönlich („Im Auftrag des Teufels“) aufgenommen. Alles kein Problem für den Actionhelden, der scheinbar einfach nicht altert. Aber nun bekommt selbst der „Speed“-Star seine Grenzen aufgezeigt – und zwar ausgerechnet von zwei hilflos vor seiner Tür gestrandeten jungen Flugbegleiterinnen, die Reeves als Familienvater Evan erst den Kopf verdrehen und sich dann als anarchistische Psychoschlampen entpuppen. „Cabin Fever“-Regisseur Eli Roth beginnt in seinem überraschend unblutigen „Knock Knock“ ein spannendes Spiel mit den klassischen Klischee-Geschlechterrollen im Horrorgenre, bringt dieses dann aber nur wenig überzeugend zu Ende. Viel besser funktioniert die Thriller-Satire hingegen als konsequent-pechschwarze Komödie, in der Reeves eine wahrhaft mutige, weil nichts als pure Machtlosigkeit ausstrahlende Darbietung abliefert.

    Als seine als Künstlerin sehr erfolgreiche Frau Karen (Ignacia Allamand) mit den Kindern übers Wochenende an den Strand fährt, bleibt Architekt Evan Webber (Keanu Reeves) allein im Haus in den Hollywood Hills, um ungestört einen seiner Entwürfe fertigzustellen. Allerdings ist die Ruhe nicht von langer Dauer, denn gegen ein Uhr morgens klingelt es an der Tür. Draußen stehen die total durchnässten Genesis (Lorenza Izzo) und Bel (Ana de Armas), die offenbar auf dem Weg zu einer Party waren, aber vom Taxi in der völlig falschen Gegend abgesetzt wurden. Evan erweist sich als echter Gentleman: Er bittet die jungen Frauen herein, gibt ihnen Bademäntel, trocknet ihre Wäsche. Aber während der 45-minütigen Wartezeit auf den Uber-Fahrer werden die Gesprächsthemen immer offenherziger, die Komplimente immer schmeichelnder und irgendwann kann Evan – liebender Familienvater hin oder her - einfach nicht mehr widerstehen…

    Im Horrorgenre geht es fast immer um Macht, die zudem in den allermeisten Fällen von Männern (oder zumindest männlichen Wesen) ausgeübt wird. Deshalb ist es erst einmal erfrischend zu sehen, wie in „Knock Knock“ der Spieß umgedreht wird – und dazu auch noch ausgerechnet von Eli Roth, der mit seinen „Hostel“-Filmen ja einst das berüchtigte, nicht gerade für seine progressive Genderpolitik bekannte Folterporno-Genre mitbegründet hat. Im Vergleich zu diesem armen Würstchen Evan, der eigentlich kaum etwas falsch macht, sondern einfach nur für sein Mann-Sein bestraft wird, hatte damals selbst Dan Gallagher (Michael Douglas‘ Figur in „Eine verhängnisvolle Affäre“) die Zügel immer fest im Griff. Egal ob beim Dreier im Bad oder beim Pfannkuchenbacken fürs Frühstück, der Familienvater gewinnt nicht für eine Sekunde die Kontrolle zurück. Hier dominieren einzig und allein die Mädels und man kann eine Menge Spaß damit haben, wie sie den im Grunde ziemlich sympathischen Typen so richtig schön fertigmachen (und zwar fast ohne körperliche Gewalt, sondern vor allem mit ungemein bösartigen Psychospielchen).

    Im Gegensatz zu Michael Hanekes inhaltlich ähnlichem, aber formal und konzeptuell sehr viel strengerem „Funny Games“ bleibt „Knock Knock“ immer ein reiner Unterhaltungsfilm, der dann eben doch eher Spaß machen als nachhaltig schockieren soll. Und deshalb bekommt das männliche Publikum eben auch, was es von einem solchen Film vermeintlich haben will: Ana de Armas spielt Bel abwechselnd als unschuldiges Schulmädchen (inklusive geschminkter Sommersprossen) und übersexualisierte Psycho Bitch - aber wie ihr Roth hier immer wieder mit der Kamera unter den Rock lugt, läuft dem thematischen Ansatz des Films dann doch irgendwie zuwider. Zudem machen Roth und seine Co-Autoren Nicolás López („Aftershock“) und Guillermo Amoedo („The Green Inferno“) zunehmend Andeutungen bezüglich möglicher Motive für die Tat, die bis zum Schluss nicht wirklich etwas erhellen, aber den Figuren etwas von ihrem Schrecken nehmen. Der pure anarchische Wahn à la der Joker (die Frauen schmieren schließlich auch das ganze Haus mit provokant-zynischen Onelinern voll) hätte den beiden definitiv besser gestanden als irgendein vager Missbrauchs-Rachefeldzug-Krams.

    Fazit: Als ernsthafter Kommentar zum Verhältnis zwischen den Geschlechtern taugt „Knock Knock“ wenig, dafür ist er zu unausgegoren, aber als pechschwarze Entmannungssatire mit Actionheld Keanu Reeves als armes Würstchen macht der Film dennoch verdammt Laune.

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