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    The Sea Of Trees
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    The Sea Of Trees
    Von Carsten Baumgardt

    Irgendwann musste es ja passieren, aber ausgerechnet in Cannes auf der ganz großen Bühne des Weltkinos? Nach seinem herausragenden Comeback-Lauf mit starken Indie-Filmen wie „Killer Joe“ oder „Mud“, dem Oscar für „Dallas Buyers Club“, der superben TV-Serie „True Detective“ und dem waschechten Blockbuster „Interstellar“ endet Matthew McConaugheys Erfolgssträhne nun mit Gus Van Sants erzählerisch entgleistem Selbstmörder-Drama „The Sea of Trees“, das bei seiner Pressevorführung im Wettbewerb der 68. Filmfestspiele von Cannes böse ausgebuht und anschließend von der internationalen Kritik regelrecht filetiert wurde. Es ist aber eben auch wahrlich nicht der richtige Film für den Cannes-Wettbewerb, diesen Jahrmarkt der Arthouse-Eitelkeiten, denn süßlich-sentimentales Hollywoodkino mag man hier an der Croisette nun mal so überhaupt nicht.

    Kein Gepäck, der Flug nach Tokio erst am Abend zuvor gebucht, eine Rückkehr ist nicht geplant - der Mathematiker Arthur Brennan (Matthew McConaughey) hat ein klares Ziel: den Aokigahara-Wald am Fuße des malerischen Fuji-Berges, besser bekannt als „Selbstmörder-Wald“. Schon nach einigen Hundert Metern abseits der Pfade verirrt man sich in dessen dichtem Geäst ohne reelle Chance, jemals wieder herauszufinden. Als Arthur sich gerade an sein Vorhaben herantastet, trifft er auf den japanischen Geschäftsmann Takumi Nakamura (Ken Watanabe), der seit zwei Tagen verletzt umherirrt, nachdem er von seinem Selbstmordplan abgelassen hat. In Rückblenden durchlebt Arthur unterdessen noch einmal seine schwierige Ehe mit der labilen Alkoholikerin Joan (Naomi Watts), die nicht über sein Fremdgehen hinwegkommt und zudem an einem Gehirntumor leidet…

    Gus Van Sant holte sich 2003 mit dem beklemmenden Amoklauf-Drama „Elephant“ die Goldene Palme in Cannes und sicherte sich für die Academy-Awards-Lieblinge „Good Will Hunting“ (1997) sowie „Milk“ (2008) jeweils eine verdiente Nominierung für den Regie-Oscar. Vorab schien es nun, als würde Van Sant mit „The Sea of Trees“ diese beiden Pole (kunstwütige Indie-Kost und Mainstreamkino mit Anspruch) miteinander in perfekten Einklang bringen können – immerhin hat der Regisseur mit Matthew McConaughey einen der aktuell heißesten Hollywoodstars im Gepäck, um seinen Film trotz des schroffen Themas auch einem größeren Publikum schmackhaft zu machen, und bei vielen Oscar-Experten galt das Drama als DER frühe Topfavorit für die Verleihung 2016. Leider ist „The Sea of Trees“ aber kein guter Film geworden und das liegt nicht daran, dass dasselbe Thema von der japanischen Autorenfilmerin Naomi Kawase 2007 mit „Der Wald der Trauer“ schon weitaus subtiler und ohne süßliche Versöhnlichkeit Marke Hollywood umgesetzt wurde, sondern vor allem an dem misslungenen Drehbuch von Christopher Sparling („Buried“).

    Dabei geht es zunächst vielversprechend los, denn die Kameraarbeit von Kasper Tuxen („Beginners“) ist exzellent und der Aokigahara-Wald ein wunderschöner, etwas faszinierend Mystisches ausstrahlender Ort (selbst wenn der Film größtenteils in Massachusetts gedreht wurde). Aber schon mit der Ankunft von Ken Watanabe als vorzüglich Englisch sprechender Geschäftsmann geht es mit „The Sea of Trees“ bergab. Denn während Van Sant in der Folge Arthurs verkorkstes Leben in Rückblenden rekapituliert, entpuppt sich dieser Takumi Nakamura schnell als bloßer Stichwortgeber ohne eigene Geschichte: Er hat Frau und Kind und möchte als Blume wiedergeboren werden - mehr Informationen gibt der Film über ihn nicht her, während Arthur sein Innerstes nach außen kehrt und sich auch von Naturgewalten, Verletzungen und Kälte nicht aufhalten lässt. Es ist vielleicht gar keine Absicht, aber diese Konstellation wirkt derart plump rein auf den amerikanischen Aspekt der Geschichte fokussiert, dass es beim Schauen schon sauer aufstößt. Oder vielleicht ist dieser Takumi ja auch nur eine eingebildete, gar nicht real existierende Fabelfigur? Aber selbst dann hätte man sich bei der Charakterzeichnung mehr Mühe geben dürfen!

    Matthew McConaughey ist als Wissenschaftslehrer mit Brille und Spießerkleidung nicht optimal besetzt und so identifiziert sich der Zuschauer trotz des gewohnt rauen Charismas des Texaners keine Sekunde lang mit diesem selbstbezogenen Möchtegern-Selbstmörder Arthur Brennan. Das ist besonders tragisch, weil in den meisten Szenen ja nur zwei Personen vorkommen (McConaughey + Watts / McConaughey + Watanabe), wobei Watts und Watanabe zwar tapfer gegen ihre gleichermaßen eindimensionalen Rollen anspielen, letztlich aber gegen die Klischees des Skripts keine echte Chance haben. Den finalen Knockout liefert dann das zuckersüße Ende, das den Film endgültig in die pure Banalität abdriften lässt – alles wird haarklein erklärt inklusive eines trivialen Twists in der Ehegeschichte der Brennans, der die Motivation von Arthur erklären soll, aber dabei kaum glaubwürdig und allzu offensichtlich konstruiert erscheint.

    Fazit: Eine unausgegorene Mischung aus trivialem Ehedrama und mystisch verklärtem Survival-Thriller – wundervoll fotografiert, aber auch wegen der verkorksten Schlusswendung letztendlich völlig banal.

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