Mein Konto
    Zoran - Mein Neffe der Idiot
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Zoran - Mein Neffe der Idiot
    Von Petra Wille

    In der italienischen Landschaft Friaul wird der Weinanbau schon seit Jahrhunderten kultiviert. Das Weintrinken gehört wie selbstverständlich zum Leben dazu. Der Filmemacher Matteo Oleotto kennt sich gut dort aus, Friaul ist schließlich seine Heimat. So weiß er auch, dass die Taverne stets das Herz des Ortes ist und sich die Menschen nicht – wie im Rest Italiens – auf einen Kaffee, sondern auf einen Wein verabreden. Für seine Komödie „Zoran - Mein Neffe der Idiot“ wählte er die Taverne als Stammplatz der Hauptfigur. Die allerdings so unsympathisch, dass es keinen Spaß macht, ihrem Tun zuzuschauen.

    Paolo (Giuseppe Battiston) ist ein unausstehlicher Zeitgenosse: Als menschenfeindlicher Zyniker  arbeitet er nur widerwillig in der Cafeteria eines Altenheims. Wenn ihm dort ein Fehler passiert, schiebt er ihn ungerührt seinem Kollegen Ernesto (Riccardo Maranzana) in die Schuhe. Nachts schleicht er um das Haus seiner Ex-Frau Stefania (Marjuta Slamic) herum, um ihr lieb gewonnene Gegenstände zu zerstören. So kennen ihn alle in seinem friaulischen Dorf, wo er sich jeden Tag in der Taverne beim Wein aufhält. Trinken ist sein einziges Hobby, Freunde hat er nicht, höchstens genervte Bekannte, bei denen er sich immer wieder vor der Alkoholkontrolle der Polizei versteckt. Als eine Verwandte stirbt, muss er sich ein paar Tage um seinen 15-jährigen Neffen Zoran (Rok Prasnikar) kümmern. Der ist extrem schüchtern, spricht seltsam, ist aber ein Meister der Dartpfeile. Paolo hofft, durch ihn zu Reichtum zu kommen und beantragt dauerhaftes Sorgerecht. Zoran erweist sich jedoch als widerspenstig.

    Giuseppe Battiston ist ein prominenter italienischer Bühnen- und Filmschauspieler („Brot und Tulpen“), der es schafft seinen Paolo noch realistisch zu erden, obwohl die Figur offenkundig überzogen ist. Dennoch ist er keine Karikatur - man nimmt ihm alles ab. Daher braucht es schon einen besonderen Sinn für Humor, um es witzig zu finden, wenn er die Urne der Tante aus dem fahrenden Auto wirft oder den gutmütigen Ernesto zum Trinken verführt. Wo dieser doch so stolz darauf war, „seit 96 Tagen trocken“ zu sein. Was die herzliche Stefania einst an Paolo fand, ist völlig rätselhaft, jedoch sorgt ihre jetzige Abneigung für einige unterhaltsame Dialoge. Sie erklärt ihm beispielsweise, warum sie regelmäßig sein Lieblingsessen Gulasch kocht: damit er bald an einem Herzinfarkt stirbt. Trotz einiger solcher komödiantischer Einschübe besteht die Schwierigkeit in der Figur des Paolo: Seine Verfehlungen sind so perfide, dass der vermeintliche „gute Kern“ nicht sehen ist. Im Gegenteil: Er nutzt es schamlos aus, dass sein Umfeld ihn für fürsorglich hält, als er entdeckt hat, mit Zoran Geld machen zu können. Eigentlich will er ihn danach „an der Autobahn rauslassen“.

    Ob Zoran zurückgeblieben, behindert oder schlicht schüchtern ist, bleibt unklar. Schauspieldebütant Rok Prasnikar spielt ihn mit großer Brille nur ein klein wenig überspitzt, aber nie als Witzfigur. Als solche sieht ihn nur Paolo, der anfangs nicht einmal versucht, mit ihm freundlich umzugehen. „Du sollst jetzt still sein“ ist sein Standardsatz. Beim Zusehen wünscht man sich eigentlich, dass irgendjemand den armen Zoran (den Paolo fortwährend fälschlich „Zagor“ nennt) von Paolo wegholt und diesem endlich einmal die Meinung sagt. Dass die beiden sich annähern und Paolo sein Herz für den ihm anvertrauten Neffen entdeckt, ist eher eine unwahrscheinliche Option. Das ist allerdings das große Dilemma beim Zusehen, denn darauf soll die Geschichte offenkundig hinauslaufen.

    Fazit: Was auch als freundliche Hommage an die Weingegend Friaul gedacht ist, kommt allzu oft als Porträt eines abgrundtief unsympathischen Menschen rüber, dem man Hilfe wünscht, aber nur ungern zuschaut. Die gute Leistung der Schauspieler kann da nicht viel ändern.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top