Ähnlich wie im Spielfilm-Erfolg „Monsieur Claude und seine Töchter“ geht es auch im humorvollen Dokumentarfilm „Amma & Appa“ um die Elterngeneration einer ethnischen Mischbeziehung, in diesem Fall um die „Schwiegereltern-in-spe“ der Filmemacher, des indischen Grafikers Jayakrishnan Subramanian und der aus Bayern stammenden Filmstudentin Franziska Schönenberger. Der einprägsame Filmtitel verdeutlicht bereits, dass Eltern unterschiedlichster Kulturkreise sich doch ähneln, und so wird durch bloßes Umstellen der Anfangsbuchstaben aus Mama & Papa dann auch „Amma & Appa“.
Franzi (Franziska Schönenberger) und Jay (Jayakrishnan Subramanian) führen eine Fernbeziehung via Skype. Und sie wollen es endlich hinter sich bringen, die jeweiligen Eltern des Partners kennenzulernen. Franzi organisiert sich hierbei eine gewisse Rückenstärkung, in dem sie aus den Familientreffen in Indien und Bayern einen Dokumentarfilm für ihr drittes Studienjahr an der HFF München macht und zumindest eine (für den Zuschauer unsichtbare) Kamerafrau im Rücken hat, wenn sie sich dem Blick von Amma & Appa (Viruthambal & Subramanian) stellt. Jay hat es bei den deutschen Eltern (Albert & Christine Schönenberger) seiner Freundin etwas einfacher, doch über die beiden Begegnungen hinaus werden unterschiedliche Brauchtümer vorgestellt und die (beinahe) traditionellen Hochzeiten der Eltern nacherzählt, bei denen es ein paar Überraschungen gibt.
Die unterschiedliche Herkunft spiegelt sich auch im Wesen der beiden Filmemacher. Während Franzi eher geschwätzig und sehr emotional wirkt und über ihren Voice-Over-Kommentar den Film entscheidend prägt, ist Jay ein sehr in sich gekehrter Künstler (der offensichtlich auch kaum Deutsch spricht) und bringt seine „Stimme“ durch Animationssequenzen in den Film ein. Oft illustrieren die das Geschehen nur (ein altmodisches als Barometer fungierendes Wetterhäuschen kontrastiert den bayerischen Winter mit dem tamalischen Sommer), doch manchmal zeugen sie auch von der symbolkräftigen Poesie Indiens, wenn Appa aus einem Gartenschlauch Blumen verstreut, aus denen dann die Elefantengottheit Ganesha „wächst“. In solchen Momenten wirkt der Film fast wie ein „Kind der Liebe“, doch oft ist der „Unterhaltungsauftrag“ weitaus deutlicher als die kreative Selbstverwirklichung oder tiefergehende biographische Einblicke.
Im Dokumentarfilm erreicht man generell eine unterschiedlich stark ausgeprägte Subjektivität durch die Auswahl des Materials und - weniger subtil - durch etwaige Sprecherkommentare. In diesem Fall ist es offensichtlich, dass für die Filmemacher vor allem der humorvolle Culture Clash wichtig ist. Immer wieder wird etwa Bollywood-ähnliches Liedgut über eine „honigspendende Blume aus Deutschland“ gelegt (bei der zünftigen Blasmusik hat man sich dagegen etwas zurückgenommen). Lebkuchen und Kartoffelsalat treffen auf eingeschränkt gewürztes Fingerfood, und wenn sich Franzis Eltern über ein Wörterbuch „Englisch - Bayerisch“ auf das Treffen der beiden Elternpaare vorbereiten, erfährt man nebenbei, dass ein „Grillfest“ auf Englisch „Barberkiju“ heißt. Insbesondere Franzis Eltern werden dabei allerdings auch ein bisschen unschön vorgeführt. Dagegen vermisst man Einblicke in die Beziehung der Filmemacher, die sich oft ganz elegant „heraushalten“. Wo die beiden sich kennengelernt haben, erfährt zum Beispiel der Journalist nur aus dem Presseheft (Franzi drehte schon zuvor in Indien und brauchte einen Animationskünstler), der normale Kinogänger gar nicht. Die Information, dass sie am Schluss gar nicht unbedingt heiraten wollen, wirkt so, als verstecke man das, was zum vorgefassten Bild des lustig-informativen Films nicht passen will.
Fazit: „Amma & Appa“ bietet Einblicke in andere Kulturen, bleibt aber immer an der amüsanten Oberfläche. Die Regisseure betonen in der Dokumentation den audiovisuellen Culture Clash, statt sich auf die menschlichen Konflikte zu konzentrieren. Feelgood verkauft sich eben besser als Drama.