Die verschlafene Kleinstadt in West Virginia, in der das Kifferpärchen Mike und Phoebe solange ein beschauliches Leben führt, bis Mike zu seiner eigenen Überraschung feststellt, dass er eine von der CIA programmierte Killermaschine ist, trägt den Namen Liman. Und es ist ganz sicher kein Zufall, dass sie damit genauso heißt wie Doug Liman, der Schöpfer von „Die Bourne Identität“, immerhin spielen Regisseur Nima Nourizadeh („Projekt X“) und Drehbuchautor Max Landis („Chronicle – Wozu bist du fähig?“) mit „American Ultra“ schon sehr deutlich auf den Plot des ersten „Bourne“-Abenteuers an – nur eben mit einem schlaksigen Kiffer statt des perfekt durchtrainierten Matt Damon. Das Ergebnis ist eine Action-Komödie in der Tradition von „Hot Fuzz“ und „Ananas Express“, die einige wunderbar abgefahrene Szenen und im Zentrum eine überraschend berührende Stoner-Beziehung zu bieten hat. Beim Jonglieren mit Genre-Traditionen und Popkultur-Anspielungen bringen die Macher die Action- und die Komödien-Elemente allerdings bis zum Schluss nicht stimmig zusammen.
Der dauerkiffende Supermarktangestellte Mike Howell (Jesse Eisenberg) möchte seiner Freundin Phoebe Larson (Kristen Stewart) endlich einen Heiratsantrag machen. Aber weil er jedes Mal Angstattacken bekommt, wenn er versucht, die Stadt zu verlassen, endet der Romantikurlaub statt auf Hawaii vorzeitig beim Panikkotzen auf der Flughafentoilette. Und der verpatzte Trip hat noch weit schwerwiegendere Folgen: Mike ist nämlich - ohne sich selbst daran erinnern zu können – einst zur perfekten Tötungsmaschine hochgezüchtet und nach der Beendigung des experimentellen „Ultra“-Geheimdienstprogramms mit gelöschtem Gedächtnis in der Provinz von West Virginia geparkt worden. Und dem CIA-Bürokraten Adrian Yates (Topher Grace) passt es gar nicht in den Kram, dass Mike immer wieder aus Liman abzuhauen versucht, weshalb er dessen Eliminierung anordnet. Allerdings kann sich Mike gerade noch rechtzeitig wieder an einige seiner erlernten Fähigkeiten erinnern, weshalb er die erste Vorhut des CIA-Killerkommandos in Sekundenschnelle mit einem Löffel (!) auslöscht – ohne hinterher zu verstehen, was zum Teufel da eigentlich gerade geschehen ist…
Die Attacke auf die Polizeistation ist eine Hommage an „Terminator“, der Showdown in einem Supermarkt erinnert an das Kult-Finale von „Hot Fuzz“ und der Werbeslogan auf dem deutschen Poster lautet „Die kiffenden Killermaschinen“ – das muss doch einfach ein superspaßiges Meta-Feuerwerk bei rumkommen, oder? Letztendlich ist „American Ultra“ aber nur halb so unterhaltsam, wie er hätte sein können, weil die Macher offenbar einen „echten“ „Bourne“-Film und eine „Bourne“-Parodie in einem drehen wollten – und das geht eben nicht so richtig gut zusammen. So ist schon die Kiffer-als-Killer-Prämisse dermaßen abgefahren, dass man den Rest gar nicht mehr wirklich ernstnehmen kann – und trotzdem sind die Actionszenen nicht nur ultrabrutal, sondern mit Ausnahme eines Um-die-Ecke-Schusses-mit-Bratpfanne auch unerwartet ernsthaft in Szene gesetzt. Zudem verkörpert der für seine Rolle als Mark Zuckerberg in „The Social Network“ oscarnominierte Jesse Eisenberg den Kiffer Mike derart introvertiert und lethargisch, dass man fast schon glauben könnte, es ginge ihm auch bei dieser Rolle wieder um einen Platz in der anstehenden Preisverleihungssaison. Da bleibt eine Menge Humorpotential auf der Strecke.
Aber obwohl sich die dramatischen und die lustigen Elemente immer wieder gegenseitig ins Gehege kommen, gibt es auch Bereiche, in denen sich die Ernsthaftigkeit auszahlt: So ist die Stoner-Beziehung zwischen den hier wiedervereinten „Adventureland“-Co-Stars Jesse Eisenberg und Kristen Stewart, der am Anfang angenehm viel Zeit eingeräumt wird und die sich nach einigen überraschenden Twists auf spannende Weise weiterentwickelt, tatsächlich sehr berührend – so hätte sie auch in einem Sundance-Indie und nicht nur in einer Mainstream-Kiffer-Comedy überzeugt. Ein weiterer Pluspunkt sind die satirischen Seitenhiebe auf die Geheimdienste: Mit welcher Selbstverständlichkeit Adrian Yates nach internen CIA-Grabenkämpfen eine ganze amerikanische Kleinstadt unter dem Vorwand einer Affenseuche auslöschen würde, nur um seinen eigenen Bürokratenarsch zu retten, ist bitterböse überhöht und zugleich erschreckend realistisch. Zudem spielt ihn Topher Grace („Die wilden Siebziger“) wunderbar verachtenswert – es macht einfach Spaß, ihn zu hassen.
Fazit: „American Ultra“ kann zwar Genreprimus „Ananas Express“ nicht den Joint reichen, überzeugt aber trotz einer gewissen Uneinheitlichkeit als abgefahrener und ultrabrutaler Kinotrip.