Die Regisseurin Isabel Coixet („Das geheime Leben der Worte“, „Mein Leben ohne mich“) hat gemeinhin ein gutes Händchen für mit psychologischer Spannung aufgeladene Beziehungsfilme. Die Tücken und Chancen zwischenmenschlicher Kommunikation sind ihr großes Thema, es spielt auch in ihrem neuesten Film „Learning To Drive - Fahrstunden fürs Leben“ eine Hauptrolle. Das Feingefühl früherer Filme fehlt ihm allerdings zu nicht unwesentlichen Teilen. Zwar ist die Culture-Clash-Komödie durchaus unterhaltsam und gelegentlich sogar geistreich, aber hier fehlt die glaubhafte Verankerung der Stereotypen in der Realität, sodass die Klischees nicht entlarvt, sondern ungewollt bestätigt werden. So bekommt der konstruiert wirkende Zusammenprall der Kulturen einen unschönen Beigeschmack.
Nachdem sie von ihrem Ehemann verlassen wurde, will die New Yorker Literaturkritikerin Wendy (Patricia Clarkson) auf andere Gedanken kommen und den Führerschein machen. Die Fahrstunden sind zunächst nicht die richtige Therapie, aber immerhin erweist sich ihr Fahrlehrer Darwan (Ben Kingsley) als ebenbürtiger Gesprächspartner. Der Turban tragende Sikh eröffnet ihr zudem eine neue Perspektive auf die Welt. In langen Unterhaltungen lernen sie voneinander, wobei die ebenso naheliegende wie uninspirierte Gleichsetzung der Herausforderungen beim Autofahren mit wichtigen Lektionen über das Leben als solches bereits zeigt, wie arglos-oberflächlich hier erzählt wird. Wenn es dann allerdings um die Darstellung kultureller Eigen- und Besonderheiten geht, erweist sich diese unbedarfte Herangehensweise als echtes Problem.
So lässt sich Darwan auf eine arrangierte Ehe mit einer Frau ein, die er noch nie zuvor gesehen hat – und ist anschließend enttäuscht, als sich diese Jasleen (Sarita Choudhury) als ungebildet entpuppt. Hier haben die Macher für den komischen Effekt ein wichtiges Detail übersehen oder ignoriert: Es ist völlig absurd, anzunehmen, dass indische Familienangehörige, die eine Ehe vermitteln, sich nicht genau über den Bildungsstand der Kandidaten informieren. Darwan wird immerhin als ehemaliger Universitätsdozent vorgestellt, der im Jahr 2000 politisches Asyl in den USA erhalten habe, weil seine gesamte Familie in Indien gefoltert worden sei. In Wirklichkeit lag die Phase der politischen Verfolgung von Sikhs im Punjab zu jener Zeit allerdings bereits über ein Jahrzehnt zurück.
Solche Ungenauigkeiten nehmen dem Film nicht nur einen Teil seiner komischen Wirkung, sie sabotieren auch die ehrenwerten Bemühungen der Schauspieler. Patricia Clarkson („Shutter Island“) überzeugt als Frau, die sich gegen die Lebenskrise stemmt, und Ben Kingsley („Gandhi“) steht ihr als aufgeschlossener Zuhörer nicht nach. Aber der Oscarpreisträger mag dabei mit einem noch so überzeugenden Akzent auftrumpfen: Das Konzept „Indien“ fungiert in diesem Film nur als eine symbolhafte Chiffre für „das Andere“ schlechthin. Das ist nicht weniger rassistisch, als einen Sikh für einen Moslem zu halten, nur weil er einen Turban trägt und genau das passiert Darwan im Film zu Wendys Empörung immer wieder.
Fazit: Auch gute Schauspieler und geistreiche Dialoge können nicht darüber hinwegtrösten, dass in dieser Komödie allzu sorglos mit kulturellen Eigenheiten, Unterschieden und Vorurteilen umgegangen wird.