Fortsetzungen sind oft eine sichere Bank, zumindest, was das Einspielergebnis betrifft. Hat man das Publikum erst einmal für eine neue Filmidee gewonnen, ist es für die Studios nur recht und billig, an dieser festzuhalten und sie in variierter Form wieder unters Volk zu bringen. Insbesondere im Animationsgenre kommen dabei meist lieblos produzierte Sequels heraus, die den Vorgängerfilmen nicht das Wasser reichen können und deren Originalität sogar gänzlich vermissen lassen. Aber zum Glück läuft es nicht immer so. Eine positive Ausnahme stellt sicherlich „Toy Story 2" dar. Der Animationsfilm von John Lasseter knüpft beinahe nahtlos an Toy Story, den ersten abendfüllenden Computeranimationsfilm der Pixar-Qualitätsschmiede (Ratatouille, Wall-E, Oben) an und bietet neben einem Wiedersehen mit altbekannten Spielzeuggefährten vielen neue Ideen und Figuren, die das Universum der heiteren Kinderzimmergemeinschaft stimmig erweitern.
Für Cowboy Woody (Stimme: Tom Hanks) stellt das alljährliche Cowboycamp stets ein echtes Highlight da. Doch weil im Eifer des Spielgefechts sein rechter Arm einreißt, entscheidet sich der kleine Andy (John Morris) dafür, ihn besser zu Hause zu lassen. Um beleidigt zu sein, bleibt Woody aber keine Zeit. Bei einer gefährlichen Rettungsaktion für den kleinen Quietschpinguin Wheezy (Joe Ranft) landet er selbst auf dem Flohmarkttisch, wo ihn ein Spielzeugsammler (Wayne Knight) erspäht. Als dieser die begehrte Cowboypuppe nicht käuflich erstehen kann, schnappt er sich Woody einfach und fährt auf und davon. Buzz Lightyear (Tim Allen) trommelt sogleich einen entschlossenen Rettungstrupp zusammen, der sich in die gefährliche Außenwelt aufmacht, um den entführten Freund wieder ins Kinderzimmer zurückzuholen...
Nach knapp vier Jahren kehrten Woody, Buzz, Rez und die vielen andere quietschfidelen Spielzeughelden wieder auf die große Leinwand zurück und durften unter der Regie von John Lasseter („Toy Story", Cars) ein zweites temporeiches Abenteuer erleben. Animationstechnisch kommt „Toy Story 2" dabei etwas schicker daher als die erste Geschichte um die lebendigen Spielzeuge. Dafür fehlt aber natürlich der Pionierstatus des Vorgängers, der das Publikum allein durch die neuartige Technik schon in seinen Bann zu ziehen vermochte. Doch das eigentliche Herzstück waren auch im Original von 1995 nun einmal die einfallsreichen Charaktere, die mittels hervorragender Synchronarbeit und liebevoller Ausarbeitung den Film nicht zum puren Technikspektakel verkommen ließen, sondern ihn zu rundum gelungener Familienunterhaltung machten.
Auch wenn wieder eine Rettungsmission für eines der Spielzeuge im Mittepunkt der Geschichte steht, ist der Ausgangspunkt der neuen Story äußerst pfiffig gewählt. Hatte Woody im ersten Teil noch darunter zu leiden, ein eher altmodisches Spielzeug zu sein, das dem Weltraumhaudegen Buzz Lightyear mit seinen vielen Funktionen nicht gewachsen sein könnte, avanciert die Cowboypuppe im zweiten Teil plötzlich zur heiß begehrten Antiquität. Woody erfährt, dass er in den 50ern der Star einer eigenen Fernsehserie war und nun ein Museum in Japan Interesse daran hat, ihn und seine Round-up Gang auszustellen. Er ist nun Sammlerstück statt Massenprodukt und hat so die Möglichkeit, zwischen einem endlichen Leben im Kinderzimmer, bei dem ihn sein erwachsen werdender Besitzer irgendwann vergessen wird, und einem immerwährenden Leben hinter einer Glasvitrine zu wählen.
Während die bereits aus dem ersten Pixar-Film bekannten Spielzeuge mitsamt ihren kleinen und großen Macken erneut vom Publikum ins Herz geschlossen werden, fügen sich die neu hinzugekommenen Figuren zwar nahtlos in das Konzept ein, zu begeistern vermögen sie aber nicht. Nachdem Pixar für den ersten Teil von Hersteller Mattel noch keine Erlaubnis erhalten hatte, erhält nun etwa auch die überfreundliche Barbie-Puppe Einzug in die Welt von „Toy Story". Zudem werden mit dem überdrehten Cowgirl Jessie, dem treuen Pferd Bullseye und dem liebenswert tuenden Goldgräber Stinke-Pete die ehemaligen Serienkollegen Woodys eingeführt. Am meisten Spaß machen die rasant-humorvollen Episoden, in denen der Rettungstrupp sich durch gepflegte Vorgärten, mordsgefährliche Straßen oder ein riesiges Spielzeugparadies kämpft, um dem entführten Freund aus der Patsche zu helfen.
Im Vergleich zum ersten Teil setzt „Toy Story 2" verstärkt auf Reminiszenzen und Parodien großer Hollywood-Produktionen. So wird beispielsweise von Beginn an auf die Star Wars-Saga angespielt und es gibt auch eine Verfolgungsszene à la Jurassic Park, was insbesondere beim älteren Publikum für einige Lacher gut ist. Wenn der melancholische Song „When She Loved Me" die Trauer des ansonsten ausgesprochen lebendigen, bei Zeiten nervig-anstrengenden Cowgirls Jessie über die Endlichkeit ihres Lieblingsspielzeugdaseins unterstreicht, nimmt dies dem Geschehen etwas zu abrupt das Tempo. Der für einen Oscar nominierte Titel „You‘ve Got A Friend" aus „Toy Story" hat es berechtigterweise in einer Big-Band-Version auch in den zweiten Film geschafft und läutet nun das natürlich versöhnlich geratende Ende auf ansprechende Weise ein. Im Stile der Filme von Jackie Chan folgen dann im Abspann noch einige amüsante Outtakes.
„Toy Story 2" ist die überaus gelungene Fortsetzung des Pixar-Pionierwerks und wartet mit den bereits liebgewonnenen Charakteren, einem hohen Erzähltempo und jeder Menge witziger Anspielungen und Details auf. Da freut man sich doch auf den angekündigten dritten Teil zur Abrundung der Spielzeugtrilogie „Toy Story 3D", der 2010 in die Kinos kommen soll.