Ein Film wie ein Haus, so hermetisch, sperrig, aber auch vielseitig. Bisweilen wirkt Joanna Hoggs experimentell angehauchtes Kunstdrama „Exhibition“ wie eine der genau beobachteten Architekturdokumentationen von Heinz Emigholz („The Airstrip“, „Parabeton“) - mit dem Unterschied, dass hier zwei Menschen in einem bemerkenswerten Gebäude leben. Dieses Paar von zwei Künstlern, die sich nur noch wenig zu sagen haben, wird von Viv Albertine und Liam Gillick gespielt. Die beiden sind auch im wirklichen Leben Künstler und spielen hier so etwas wie Variationen ihrer selbst, was andeutet, welch selbstreflexives Unterfangen dieser Film ist. Dass diese Komplexität bisweilen allzu deutlich zur Schau gestellt wird, schmälert das Vergnügen an diesem ohnehin sperrigen Film fast ohne Handlung.
Seit Jahren leben die Performancekünstlerin D. (Viv Albertine) und ihr Mann H. (Liam Gillick) im so genannten „H House“, das nach einem Entwurf des berühmten Architekten James Melvin entstanden ist. Nun wollen die beiden Bewohner ausziehen, deshalb besichtigt ein Immobilienmakler (Tom Hiddleston, „Thor“, „Archipelago) das Gebäude, in dem das Ehepaar eher nebeneinander als miteinander lebt. Kommuniziert wird vor allem über ein Haustelefon, auch Sex findet zwischen den Partnern kaum noch statt. Jeder geht seiner eigenen Tätigkeit nach und am Ende verlässt das Paar das Haus.
Es sind nur Rudimente einer Handlung, die Joanna Hogg in ihrem dritten Film aufbietet. Hatte sie in ihren vorangegangen Werken „Unrelated“ und „Archipelago“ noch fast klassische Geschichten erzählt, in denen Familien im Urlaub auf isolierten Inseln gezwungen waren, sich mit sich selbst und ihren unterdrückten Problemen zu beschäftigen, ist „Exhibition“ nicht nur fast komplett in einem Haus angesiedelt, sondern auch zum ersten Mal in einer Stadt, in London. Eine wirkliche Rolle spielt die Metropole aber nicht, das Leben außerhalb des Hauses bleibt fast immer draußen, hinter den großen Glasfassaden, die den Blick auf viktorianische Häuser, aber auch auf Bäume öffnen.
Der Gedanke der Isolation ist hier schon durch den hermetisch und steril wirkenden Schauplatz allgegenwärtig, die Protagonisten kommen einem vor wie freiwillig Eingeschlossene. Der naheliegenden Metapher von der Ehe als Gefängnis bedient sich Hogg dann aber nicht, zu harmonisch verläuft das Nebeneinanderher zwischen H. und D. Zermürbenden offenen Streit wie in „Szenen einer Ehe“ sucht man hier vergeblich, die größten Meinungsverschiedenheiten (wenn man ein kaum wahrnehmbares Grummeln so nennen will) haben mit dem für beide unbefriedigenden gemeinsamen Sexleben zu tun: Mal will der eine, dann die andere, doch zusammen finden sie fast nicht mehr.
Da es mit dem Gatten nicht so klappt, masturbiert H. häufig und verwendet ihre Performancekunst, um ihre Sexualität auszuloten. Auf der Ebene der künstlerischen Betätigung verwischen die Identitäten zwischen den fiktiven Figuren und den Darstellern. Viv Albertine war schließlich einst bekannt als Sängerin und Gitarristin der Frauen-Punk-Band „The Slits“ und hat somit Erfahrung in offensiv-selbstbewusstem Auftreten. Ihr Gegenpart ist der bildende Künstler Liam Gillick, der 2002 für den Turner-Preis nominiert war, hier allerdings einen Architekten spielt. Vielleicht auch deswegen bleibt seine Figur etwas blass, H. steht wohl nicht zufällig deutlich mehr im Mittelpunkt.
Doch wohin führt diese filmische Versuchsanordnung? In seiner peniblen, präzisen Art ist „Exhibition“ formal zwar jederzeit überzeugend, doch bisweilen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Joanna Hogg diesmal allzu betont „künstlerisch“ agierte. War gerade „Archipelago“ bei aller Stilisierung noch vor allem von starken Figuren und zwingenden Konflikten geprägt, überwiegen hier nun die spröden Momentaufnahmen, die als solche durchaus oft faszinieren, aber die sich nicht so recht zu einem überzeugenden Ganzen fügen wollen.
Fazit: Joanna Hoggs „Exhibition“ hat einen architektonisch eindrucksvollen Schauplatz und besticht durch formale Präzision, aber wirklich fesselnd ist das sperrige Drama nur selten.