Sie sind nicht die am längsten existierende und ganz gewiss nicht die beste Jazzband der Welt. Doch einen Rekord hat die in Shanghai ansässige „Peace Old Jazzband“ sogar von den strengen Guinness-Buch-Juroren schriftlich bestätigt bekommen: Die alten Herren sind die älteste Jazzband der Welt. In unserer nach Superlativen lechzenden Zeit ist das Grund genug für einen Film, den der deutsche Dokumentarfilmer Uli Gaulke („Comrades in Dream“, „Havanna Mi Amor“) nun vorlegt. Oft plätschert sein „As Time Goes By In Shanghai” dabei allerdings so beliebig dahin wie die Musik seiner Protagonisten. Gelegentlich werden den Musikern jedoch auch interessante Ansichten über den rasanten Wandel Chinas entlockt.
Der Trompeter Mengqiang Lu ist 53 Jahre alt und drückt den Altersdurchschnitt der Peace Old Jazz Band gehörig. Seine Kollegen an Saxophon, Bass, Piano und Schlagzeug sind zwischen 71 und 85 Jahre alt und machen teilweise seit 1947 zusammen Musik. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichte die kurze Phase der Weltoffenheit den chinesischen Musikern den Kontakt mit amerikanischen Soldaten, die auch den Jazz mitbrachten. Ende der 40er Jahre gab es in Shanghai eine lebendige Musik-Szene, Ballräume entstanden, Big Bands spielten zum Tanz. All das endete 1953 mit dem Siegeszug der Kommunisten, die bis nach der Kulturrevolution den wohl allzu individualistischen, improvisierten Jazz unterdrückten. Doch in ihren Erzählungen über diese Zeiten sind die Musiker zurückhaltend und nicht verbittert. Was sie gemacht haben, wie sie gelebt haben, erfährt man nur bruchstückhaft. Mal deutet der Saxophonist Jibin Sun seinen früheren Erfolg bei den Groupies an, die es offenbar auch in China gab, mal erzählt der Bassist Mingkang Li von den Anfängen seiner Liebe zur Musik, die eher im Klassischen Bereich lagen als beim Jazz.
Die meiste Zeit verbringt Gaulke jedoch damit, die Musiker beim Proben zu zeigen, bei Vorbereitungen für einen Auftritt in Rotterdam, für den eine junge, möglichst attraktive Sängerin gesucht wird, oder sie vor der eindrucksvollen Kulisse Shanghais in Szene zu setzen. Wie letzteres Bild sich in den vergangenen Jahren verändert haben muss, lässt sich manchmal erahnen, wenn zwischen Wolkenkratzern kleine Häuser zu sehen sind, die von einer bald verschwundenen Zeit erzählen. Nicht umsonst haftet „As Time Goes By In Shanghai” jene Nostalgie an, die auch Uli Gaulkes frühere Filme prägte. Mal besser, mal schlechter gelang es dem Regisseur in seinen bisherigen Werken, die Vergänglichkeit aufzuzeigen ohne allzu sentimental zu werden. Sein aktueller Film krankt aber ein wenig daran, dass die „Peace Old Jazz Band“ nur aus durchschnittlichen Musiker besteht. Geld verdienen sie nur, weil sie täglich als Hausband eines Shanghaier Hotels bei Cocktails und Häppchen mit lauschigen Big-Band-Standards zum Tanz aufspielen dürfen. Viel mehr als nette Hintergrundmusik ist das nicht und ähnlich oberflächlich bleibt auch Uli Gaulkes Porträt der ältesten Jazzband der Welt zu oft.
Fazit: In „As Time Goes By In Shanghai” porträtiert Uli Gaulke die älteste Jazzband der Welt, verliert sich dabei aber ein ums andere Mal in oberflächlicher Nostalgie und schafft es nur gelegentlich den Musikern interessante Aussagen über ihr Leben und den rasanten Wandel der chinesischen Metropole zu entlocken.