Als wäre es ein Film von Ken Loach. Alte Super-8-Aufnahmen aus den 70er und frühen 80er Jahren beschwören Erinnerungen an die Solidarität zwischen schottischen Linken und den Genossen in Kuba herauf. Damals haben die europäischen Sozialisten noch Abgesandte und Helfer auf die Karibikinsel geschickt und so die mühselige Arbeit der institutionalisierten Revolution unterstützt. Mitten in diese alten Aufnahmen von Protestmärschen und Hilfsprojekten, Polit-Folklore und Revolutionsromantik schieben sich immer wieder Bilder von heute: Eine junge Frau versucht mit ein paar Gleichgesinnten, die Menschen auf der Straße aufzurütteln. Die Zeit der großen Fahnenzüge, die einst zumindest gelegentlich das Stadtbild prägen konnten, ist endgültig vorüber. Mittlerweile verlieren sich die Aktivisten in den Massen der Berufstätigen und Einkaufswütigen. Ein paar die Jahrzehnte überbrückende Schnitte reichen dem Filmemacher John Roberts aus, und schon ist das Wesentliche über den Wandel der Welt erzählt. So setzt er gleich zu Beginn seiner Komödie „Hasta La Vista, Sister!“ ein Zeichen. Die Leichtigkeit, mit der er die Geschichte der politischen Linken in den vergangenen Jahrzehnten umreißt, weckt Hoffnungen, die er dann allerdings nicht erfüllt.
Wenn es um die großen, die weltbewegenden Fragen und Themen geht, kennt die junge schottische Aktivistin Rosa (Eva Birthistle) alle Antworten. Sie weiß ganz genau, dass jeder es selbst in der Hand hat, die Welt ein wenig zu verändern. Und genau davon versucht sie zusammen mit ein paar Freunden, die Menschen in Glasgow zu überzeugen. Doch die haben ganz andere Probleme und Wünsche, zumal schon Rosas Auftreten deutlich verrät, dass sie zwar auf der richtigen Seite steht, ihr aber praktische Lebenserfahrungen fehlen. So klingen ihre Worte und Appelle letztlich wie auswendig gelernt. Während einer ihrer innerstädtischen Aktionen wird Rosa doch noch mit der Realität konfrontiert. Ihre kleine Schwester Ailie (Charity Wakefield) teilt ihr mit, dass ihr Vater Roddy gestorben ist. Als sie dann auch noch erfährt, dass ihre Stiefmutter aus der Asche des Toten einen Golf-Pokal fertigen lassen will, stiehlt sie kurzer Hand dessen Überreste. Wenige Tage später sitzen Rosa, Ailie und Conway (Bryan Dick), ein mit Rosa befreundeter Aktivist, im Flugzeug nach Kuba. Einst waren Roddy und seine erste Frau dort in einer Arbeiterbrigade aktiv. Nun will Rosa die Asche ihres Vaters am „Tag der Blumen“, einem kubanischen Nationalfeiertag, auf der Insel verstreuen.
Versprechen die ersten Minuten noch einen an Ken Loachs grandiosen Sozialkomödien „Riff-Raff“, „Raining Stones“ oder auch „Looking for Eric“ geschulten Blick auf die Absurditäten wie die Ungerechtigkeiten der modernen Welt, kippt „Hasta La Vista, Sister!“ spätestens mit der Ankunft des ungleichen Trios auf Kuba in reinen Kinoeskapismus um. Etwas leicht klischeehaft Überzeichnetes hatten die ungleichen Schwestern Rosa und Ailie natürlich von Anfang an. So betont Eva Birthistle das Weltfremde ihrer Figur ein wenig zu deutlich. Ihre unscheinbare Kleidung, unter der sie sich regelrecht zu verstecken scheint, passt in der Hinsicht genauso perfekt ins Bild wie der von Revolutionsinsignien geschmückte Strohhut. Auch Charity Wakefields hippe Outfits, die mal die Mode der 50er Jahre zitieren und mal selbst unserer Zeit voraus zu sein scheinen, machen es dem Filmemacher und dem Zuschauer etwas zu einfach. Sie schreien regelrecht „Modepüppchen“. Das alles hat aber noch einen ironischen Touch, der dem Film dann auf Kuba mehr und mehr verloren geht.
Natürlich muss Rosa gleich nach der Ankunft auf dem Flughafen einem kubanischen Gigolo auf den Leim gehen. Obwohl nicht nur Ailie sie vor Ernesto (Christopher Simpson) warnt, lässt sie sich von seinen blumigen Komplimenten und seinen pathetischen Reden regelrecht einfangen. Das eigentlich hochintelligente Mauerblümchen erliegt im Handumdrehen dem windigen Verführer, der sie in jede Menge Schwierigkeiten bringen wird. Im gleichen Zug stößt sie den Reiseführer und Tänzer Tomas (Carlos Acosta), der sich tatsächlich für sie interessiert und ihr aufrichtig helfen will, immer wieder vor den Kopf. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der sich Rosa bei jeder Gelegenheit blamiert, muss sich Ailie als patente und keineswegs oberflächliche junge Frau entpuppen. Sie, die mit Politik nichts im Sinn hat, die „Idealismus“ höchstens als Markennamen akzeptieren würde, steht mit beiden Beinen im Leben. Das klingt jetzt ziemlich klischeehaft und überzogen. Nur sind das bedauerlicherweise genau die Klischees, die John Roberts ausgiebig bedient.
Fazit: „Hasta La Vista, Sister!“ hat als leichte Sommerkomödie durchaus Charme. Selbst ihre sich ständig am Rand zur Karikatur bewegenden Heldinnen haben etwas Unwiderstehliches an sich. Irgendwie muss das Publikum sie trotz allem lieben. Doch von den Filmen Ken Loachs, in denen Gesellschaftskritik und Komik, soziales Engagement und Genrekonventionen sich eben nicht widersprechen, sondern Hand in Hand gehen, ist dieses schottisch-kubanische Märchen von der Aktivistin, die schließlich doch ihren Traumprinzen findet, weit entfernt.