Egal ob in den virtuellen Sphären des Internets oder im persönlichen Gespräch mit Freunden, man stößt immer noch erschreckend oft auf die Aussage: „Deutsche Filme gucke ich nicht.“ Aber während diese generelle Ablehnung während der Beziehungskomödien-Schwemme der Neunziger zumindest noch im Ansatz nachvollziehbar war, stammten in den vergangenen Jahren einige der besten Komödien aus Deutschland: Ob Detlev Buck mit dem herrlich-chaotischen „Rubbeldiekatz“, Christoph Maria Herbst mit dem unerschrocken-satirischen „Stromberg – Der Film“ oder Elyas M’Barek mit den charmant-frechen Publikumsmagneten „Türkisch für Anfänger“ und „Fack ju Göhte“ – wer bei so vielen treffenden Pointen nicht ins Kino geht, ist selber schuld! Nun hat die erfahrene TV-Regisseurin Franziska Meyer Price („Berlin, Berlin“, „Doctor’s Diary“) alle drei Comedy-Qualitätsgaranten für ihre Geschlechter-Komödie „Männerhort“ gewinnen können – und in Anbetracht von so viel Talent vor und hinter der Kamera ist es umso enttäuschender, dass der Film derart scheitert.
Wenn die bessere Hälfte mal wieder mit Schuhekaufen oder Schwangerschaftskram nervt, dann gibt es für den Software-Programmierer Eroll (Elyas M’Barek), den Dixi-Klo-Großhändler Lars (Christoph Maria Herbst) und den Piloten Helmut (Detlev Buck) nur noch ein Ziel: den Männerhort! In einem Heizungskeller in ihrer uniformen Frankfurter Vorortsiedlung haben sich die frauengeplagten Kerle mit bequemer Couch, biergefülltem Kühlschrank und Flachbildfernseher nämlich ein wahres Paradies für ausgelaugte Ehemänner errichtet. Doch dann entdeckt der neue Facility Manager Aykut (Serkan Çetinkaya) den Männerhort und besteht auf die sofortige Räumung: Brandgefahr! Fortan sucht das Trio fieberhaft nach einer Möglichkeit, Aykut doch noch auf seine Seite zu ziehen...
Elyas M’Barek ist Software-Entwickler Eroll... und spielt diesmal wie auf Autopilot. Allerdings hat er auch kaum eine Chance: Seine Rolle als sich brav auf seine Arbeit konzentrierender Eroll ist ohnehin nicht so ergiebig wie die Parts seiner Kollegen und dann ist M’Barek mit seinem Machohumor eben auch immer dann besonders lustig, wenn ihm eine starke Partnerin wie Josefine Preuß in „Türkisch für Anfänger“ oder Karoline Herfurth in „Fack ju Göhte“ zur Seite steht, an der er sich reiben kann. In „Männerhort“ ist seine Figur nun allerdings mit einer Zalando-süchtigen Nymphomanin mit pathologischem Minderwertigkeitskomplex (Cosma Shiva Hagen) verheiratet, die beim ersten Anzeichen von Ablehnung mit Selbstmord droht (wobei es ihr in Wahrheit nur darum geht, ihren Lebensstandard zu erhalten) - eine üblere Frauenrolle wird es in diesem Jahr kaum geben. Und auch sonst hat es M’Barek nicht leicht. In einer Szene beschwert sich Eroll darüber, dass ihn wegen seines Vornamens alle für einen Türken halten, dabei heiße er doch nur so, weil er als Baby fast vom Wickeltisch gerollt ist... eine halbgare Anspielung auf den Star selbst (der als Österreicher mit tunesischen Wurzeln auch oft für einen Türken gehalten wird), die mit dem angedeuteten Möchtegern-Wortspiel in einen echten Fremdschäm-Moment mündet.
Christoph Maria Herbst ist Dixi-Klo-Vertreter Lars... und an ihm zeigt sich am deutlichsten, dass Regisseurin Meyer Prince und ihr Autoren-Duo Rainer Ewerrien und David Ungureit („Systemfehler - Wenn Inge tanzt“) weder ihre Figuren noch den Ton des Films im Griff haben. Die beste Pointe des Trailers (auf die Frage nach seiner Behinderung antwortet der auf einem Behindertenparkplatz stehende Lars mit: „Tourette, du Fotze!“) ist zwar nicht neu, aber wird von Herbst in „Stromberg“-Manier gnadenlos trocken vorgetragen. Im Gegensatz zu dem kultigen Schreibtischtäter ist Lars zumindest in der ersten Hälfte des Films allerdings nur Arschloch-Karikatur ohne Strombergs schmerzhaft-melancholischen Kern. Dann gibt es zwei Probleme: Zum einen macht die Tourette-Parkplatz-Bekanntschaft (Annabelle Mandeng) ihn im Internet ausfindig, vereinbart ein Treffen und vergewaltigt Lars mit einem Handstaubsauger, was nun gar nicht zum ansonsten so lockeren Ton des Films passt (zum Glück war die Szene nicht besonders lustig, ansonsten wäre uns das Lachen im Halse stecken geblieben). Zum anderen soll der Zuschauer in der finalen halben Stunde plötzlich doch noch Sympathien für Lars entwickeln – aber da ist dieser Zug schon lange abgefahren.
Serkan Çetinkaya ist Facility Manager Aykut... und es liegt nicht an dem YouTube-Star („Süper-Tiger-Show“), dass den beiden großen Slapstick-Szenen des Films jegliche Leichtigkeit abgeht. Produzent Uli Aselmann wollte vielmehr das zugrundeliegende Theaterstück von Kristof Magnusson (das nur im Männerhort spielt) unbedingt um zusätzliche Schauwerte erweitern, aber die entsprechenden Szenen sind nun derart angestrengt-konstruiert eingeflochten, dass man eher verwundert den Kopf schüttelt, statt lauthals mitzulachen: So gibt es da etwa die Szene, in der Aykut Lars dabei helfen will, den Staubsauger von seinem feststeckenden Penis loszubekommen – und für Außenstehende sieht es so aus, als ob der eine den anderen gerade oral befriedigt. Nur ergibt es hier weder Sinn, dass Aykut vorher seine Hände großzügig mit Gleitmittel einschmiert (so rutscht er doch nur von dem Staubsauger ab, er sollte besser den Penis einfetten), noch gibt es einen Grund für die Blow-Job-Bewegungen. Das ist ein Ausdruck von Faulheit seitens der Filmemacher und in einer völlig unmotivierten Dixi-Klo-Actionszene (in der der zuvor so umsichtige Aykut ohne Anlass plötzlich selbst die simpelsten Sicherheitsregeln außer Acht lässt) zeigt sich später noch einmal dasselbe Problem.
Detlev Buck ist Pilot Helmut... und auch wenn ihr gärtnernder Waschbrettbauch-Liebhaber (die anderen aus dem Männerhort wissen nicht, dass Helmut schwul ist) für unseren Geschmack das eine oder andere Schwulen-Klischee zu viel bedient, ist Bucks Figur als einzige echt okay. Der norddeutsche Charakterkopf dreht zwar nicht halb so stark auf wie in seiner grandiosen Rolle als schwuler Schrottplatzbesitzer in „Contact High“, aber am Ende ist Helmut trotzdem das einzige Mitglied des Männerbundes, dem man tatsächlich die Daumen drückt.
Fazit: Wir freuen uns zwar weiterhin auf jedes neue Projekt mit Elyas M’Barek, Christoph Maria Herbst oder Detlev Buck, aber um ihren „Männerhort“ sollte man trotzdem besser einen Bogen machen.