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    Die Tragödie der Belladonna
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Die Tragödie der Belladonna
    Von Christoph Petersen

    43 Jahre nach seiner Entstehung kommt Eiichi Yamamotos Kult-Anime „Belladonna Of Sadness“ 2016 erneut in die Kinos – und zwar in einer frisch restaurierten 4K-Fassung, die die suggestiv-erotischen Bilder (nur ein Teil der Szenen ist tatsächlich animiert, meist fährt die Kamera nur an statischen Pastell-Zeichnungen entlang) noch rauschhafter macht. Basierend auf dem 1863 erschienenen Sachbuch „Satanismus und Hexerei“ sowie gewürzt mit Anspielungen auf das Leben der Widerstandskämpferin Jeanne d'Arc, erweist sich die experimentell-psychedelische Phantasmagorie zugleich als furchtlos-provokanter Exploitation-Reißer und als bitteres Plädoyer gegen die Unterdrückung starker Frauen. Wie gut diese beiden einander auf den ersten Blick diametral entgegengesetzten Ansätze letztendlich zusammenkommen, wenn in den neueren Fassungen des Films als finale Einstellung das berühmte Gemälde „Die Freiheit führt das Volk“ von Eugene Delacroix eingeblendet wird, muss jeder Betrachter für sich selbst entscheiden. Allerdings wird es auf dem Weg dorthin kaum jemandem gelingen (zumindest wenn er sich ein klein wenig für Anime-Kunst interessiert), sich von den verstörend-brutalen Bilderbögen nicht überwältigen zu lassen.

    Als die frischverheiratete Jeanne am Vorabend der Französischen Revolution von einem tyrannischen Fürsten mitsamt seinem Hofstaat vergewaltigt wird, schließt sie einen Pakt mit einem kleinen Teufel in Phallusgestalt, der im weiteren Verlauf des Films immer gewaltiger wird. So steigt Jeanne im Dorf stetig weiter auf, während um sie herum Armut und Pest immer mehr Opfer fordern. Aber mächtige Frauen werden in dieser feudalen Gesellschaft missgünstig beäugt – und landen nicht selten als Hexen auf dem Scheiterhaufen…

    Es wird gekotzt, es wird gepisst, in einer surrealen Traumsequenz hüpfen kleine Häschen aus dem Arschloch eines Mannes – „Belladonna Of Sadness“ ist zugleich betont kunstvoll und schockierend gossenhaft. In der Vergewaltigungsszene zu Beginn spritzt das Blut in riesigen Schwallen aus Jeannes Vagina, bis ihren ganzen Körper ein pulsierender Riss durchzieht -  und selbst auf dem Scheiterhaufen windet sich der Rauch noch obszön-zärtlich an ihren Rundungen hinauf. Dabei wandelt Eiichi Yamamoto natürlich auf einem schmalen Grat zwischen bissiger Provokation und bloßer Ausbeutung, allerdings stecken in den Bildern so viele (kunst-)historische Anspielungen, dass der Film auch ganz unabhängig davon auf jeden Fall sehenswert und vor allem diskussionswürdig ist. Der zwischenzeitlich verschollen geglaubte „Belladonna Of Sadness“ hat auch mehr als vier Jahrzehnte nach seinem ursprünglichen Start nichts von seiner Schockwirkung verloren – und sollte für alle, die auch auf etwas abseitige Animes stehen, weiterhin ganz weit oben auf der Must-See-Liste stehen.

    Fazit: Provokant-psychedelischer, zwischen Exploitation und Feminismus mäandernder Kult-Anime, den es sich gerade in der toll restaurierten 4K-Fassung unbedingt (wieder) zu entdecken lohnt.

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