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    Silent Youth
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Silent Youth
    Von Sophie Charlotte Rieger

    „Silent Youth“ wird seinem Titel gerecht, fällt der Film doch vor allem wegen seiner Stille aus dem Rahmen. Es gibt keine großen Gefühlsausbrüche und das Tempo ist eher gemächlich. Regisseur und Drehbuchautor Diemo Kemmesies („Human Kapital“) zeigt die Protagonisten seines romantischen Dramas in langen Einstellungen und geht mit Schnitten sehr sparsam um. Dabei sucht die Kamera von Albrecht von Grünhagen stets die Nähe der Figuren und verzichtet fast vollkommen auf Totalen. So kann der Zuschauer oft nur erahnen, in welchem Setting sich die Protagonisten Marlo und Krill gerade befinden – auf diese Weise wird Berlin mit seinen Sehenswürdigkeiten nicht ungewollt zum dritten Protagonisten, stattdessen bleibt der Fokus voll und ganz bei den beiden Männern, die sich einander langsam öffnen. Kemmesies fängt die Unsicherheit und die zaghaften ersten Schritte der Liebenden überzeugend ein, aber bisweilen überschreitet er mit seiner betont betulichen Inszenierung auch die Grenze zur Monotonie.

    Während eines Berlinaufenthalts lernt Marlo (Martin Bruchmann) den schüchternen Kirill (Josef Mattes) kennen. Obwohl dieser widersprüchliche Signale aussendet und ihn damit zunehmend verwirrt, fühlt sich Marlo umgehend zu dem jungen Mann hingezogen. Während gemeinsamer Spaziergänge durch Berlin strecken Marlo und Kirill ihre Fühler vorsichtig nacheinander aus, stets hin und hergerissen zwischen Scham und Sehnsucht. Keiner der beiden hat bislang homosexuelle Erfahrungen gesammelt und beide scheinen von der Begegnung überfordert zu sein. Schließlich ist es ausgerechnet der verschlossene Kirill, der den ersten Schritt wagt...

    Neben der aus den vielen Totalen resultierenden Orientierungslosigkeit gesellt sich auch noch ein Gefühl der Beklemmung, das aus der geringen Distanz zwischen Kamera und Objekt resultiert. Mit diesem inszenatorischen Kniff gelingt es Kemmesies, das emotionale Erleben seiner Figuren, ihre Unsicherheit und Angst vor Ablehnung, auch für den Zuschauer erfahrbar zu machen. Gleichzeitig stellt der Regisseur so aber auch die Aufmerksamkeit seines Publikums auf eine harte Probe. „Silent Youth“ ist ein recht ereignisarmer Film. Selbst in den Dialogen werden hier kaum Informationen ausgetauscht.

    Im Gegensatz dazu sind Inszenierung und Drehbuch von Kemmesies aber oft überdeutlich: Kommentarlose Fragen laufen ins Leere, Blicke wollen nicht sehen, sondern nur gesehen werden – all das formuliert das Versprechen einer tieferen Bedeutung, das am Ende nicht eingelöst wird. In all seiner Ruhe ist das Leinwand-Geschehen dennoch von einer zähen Intensität, insbesondere in der zweiten Filmhälfte, in der sich die zwei Protagonisten spürbar näher kommen. „Silent Youth“ ist dann am stärksten, wenn sich Marlo und Kirill doch mal aus ihren inneren Trutzburgen hinauswagen. Dabei sind ihre Flirtversuche zuweilen derart tollpatschig, dass auch das Publikum ein wenig erleichtert ist, wenn sie endlich zum Erfolg führen.

    Fazit: „Silent Youth“ ist ein zaghafter Film über die ersten Momente einer neuen Liebe, der am Ende aber doch nicht tief genug geht, um sein gemächliches Erzähltempo zu rechtfertigen.

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