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    Circles
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Circles
    Von Gregor Torinus

    Das serbische Drama „Circles“ feierte seine Premiere in der Sektion Panorama im Programm der Berlinale 2013, lief anschließend erfolgreich auf zahlreichen weiteren Festivals und war der serbische Kandidat für den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film. Nun kommt Srdan Golubovics Film, der auf einem realen Vorfall, der sich 1993 während des Jugoslawienkriegs ereignete, basiert, auch in die deutschen Kinos. Eine schockierende Tat wird dabei zum Ausgangspunkt für eine komplexe Geschichte über Schuld, Sühne und Vergebung.

    1993, Trebinje, im heutigen Bosnien und Herzegowina: Der junge serbische Soldat Marko (Vuk Kostic) hat ein paar Tage Heimaturlaub. Er trinkt mit seinem Vater Ranko (Aleksander Berck) Kaffee, trifft seine Verlobte Nada (Hristina Popovic) und setzt sich später zusammen mit seinem Freund Nebojsa (Nebojsa Glogovac) auf den Marktplatz. Dort schikanieren drei serbische Soldaten, zu denen auch Todor (Boris Isakoviv) gehört, den muslimischen Kioskbesitzer Haris (Leon Lucev). Als die drei anfangen Haris zusammenzuschlagen, greift Marko ein. Schnitt. Zwölf Jahre später in Trebinje: Der junge Bogdan (Nikola Rakocevic) bittet Markos Vater Ranko um Arbeit. Er weiß nicht, dass Ranko denkbar schlechte Erinnerungen an Bogdans Vater hat. Belgrad: Markos Freund Nebojsa ist mittlerweile Chirurg in einem Krankenhaus, in das nach einem Autounfall ein neuer Patient eingeliefert wird: Der schwer verletzte Patient entpuppt sich als Todor. Halle: Der ehemalige Kioskbesitzer Haris lebt mit seiner deutschen Frau und zwei Kindern friedlich in Deutschland, als Nada erscheint und Haris um Hilfe bittet, da ihr gewalttätiger Ehemann hinter ihr her ist und das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn verlangt.

    „Circles“ ist ein Ensemblefilm, in dem sich nach und nach immer vielfältigere Beziehungen zwischen den verschiedenen Protagonisten auftun. In dieser Hinsicht ähnelt das Drama Filmen wie „21 Gramm“, „Babel“ oder „360“, in denen auf ähnlich komplizierte Weise von schicksalshaften Begegnungen erzählt wird. Auch wenn „Circles“ zeitlich nicht verschachtelt erzählt ist, zudem auch nicht ganz so komplex wie andere Filme dieses Mini-Genres, dauert es dennoch eine ganze Weile, bis klar wird, auf welche Weise die einzelnen Protagonisten verbunden sind und was genau sich vor zwölf Jahren zugetragen hat.

    Zumindest der Ausgang des Schlüsselereignisses wird dabei bald deutlich, doch dieses ist nur der Beginn einer Kette von Ereignissen, der die Figuren bis in die Gegenwart verfolgt. Dabei ist „Circles“ kein Film, in dem leichtfertige Antworten gegeben werden, sondern ein Drama, mit dem es der Regisseur wagt, schwierige Fragen aufzuwerfen: Soll ich einem ehemaligen Täter das Leben retten? Kann ich dem Sohn eines Mannes, der mir alles genommen hat, verzeihen? Strebe ich in meinen Entscheidungen wirklich nach Gerechtigkeit oder versuche ich nur meine eigenen Schuldgefühle an anderen abzureagieren? Kann ich jemals wieder ein unbeschwertes Leben führen, wenn ich das Gefühl habe, dieses Leben gar nicht zu verdienen? Soll ich mein eigenes Leben als ein Sühneopfer anbieten?

    Srdan Golubovic verzichtet auf jede vordergründige Dramatik und entfaltet die verschiedenen Handlungsstränge mit großer Ruhe, gefilmt in Bildern von zarter Schönheit. Alles ist auf die verschiedenen Figuren fokussiert, die in ihrem grüblerischen Schweigen oft mehr sagen, als durch ihre Worte. Das funktioniert nicht zuletzt deswegen so überzeugend, da jeder Darsteller seine Rolle perfekt ausfüllt. Dank ihnen gelingt es Regisseur Golubovic auf mitreißende Weise zu ergründen, inwieweit Menschen in der Lage sind, sich zu ändern und die Vergangenheit hinter sich zu lassen.

    Fazit: „Circles“ ist großer Film der kleinen Gesten, ein Ensemblefilm mit durchweg überzeugenden Darstellern, der am Beispiel der vom Jugoslawienkrieg verursachten Narben die Frage nach der Möglichkeit zu innerer Veränderung und Vergebung stellt.

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