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    Unfriend
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Unfriend
    Von Harald Ringel

    Regisseur Simon Verhoeven („100 Pro“) war bislang vor allem durch seine zwei „Männerherzen“-Komödien bekannt, mit seinem in Südafrika auf Englisch für ein internationales Publikum gedrehten neuen Film „Unfriend“ versucht er sich nun zum ersten Mal im Horrorgenre. Wie schon ein paar Monate zuvor in „Unknown User“ kommt der Schrecken auch hier aus dem Computer, aber anders als bei Levan Gabriadzes Cyber-Thriller spielt sich hier nicht fast die gesamte Handlung auf und vor Computerbildschirmen ab: Trotz einer ähnlichen Grundidee (ein argloser Gebrauch des Internets und von sozialen Medien führt zu Kränkungen, Rachegelüsten, Gewalt und Tod) ist „Unfriend“ erheblich abwechslungsreicher inszeniert. Statt auf einen unruhigen Webcam-Look setzt Verhoeven auf sorgfältig komponierte Horror-Bilder mit echtem Kinoformat in einer Inszenierung, die der nicht sonderlich bemerkenswerten Handlung Atmosphäre und Spannung verleiht.

    Laura Woodson (Alycia Debnam Carey) ist eine ganz normale junge Frau am Anfang ihres Psychologiestudiums an einer amerikanischen Universität. Sie ist mit dem angehenden Arzt Tyler (William Moseley) zusammen und hat einen netten Freundeskreis. Viele Details aus ihrem Leben teilt sie online mit ihren zahlreichen Freunden und Followern, selbst während der Vorlesungen ist sie ständig online, chattet, postet und liest. Als sich Marina (Liesl Ahlers), eine unscheinbare neue Kommilitonin aus der hinteren Bank bei ihr meldet und ihr eine Freundschaftsanfrage schickt, wird nicht lange nachgedacht: Obwohl Marina noch keine andere Facebook-Freundin hat, und sie etwas morbide Bilder online gestellt hat, nimmt Laura an. Schon bald wird sie von der neuen „Freundin“ mit Nachrichten bombardiert und schließlich entpuppt sich Marina als regelrechte Stalkerin. Als sie von Laura daraufhin „entfreundet“ wird, eskaliert die Situation …

    Simon Verhoeven vertraute bei seiner weitgehend überzeugenden Besetzung auf aufstrebende Fernsehstars. So ist seine Hauptdarstellerin Alycia Debnam Carey durch die Serien „The 100“ und „Fear The Walking Dead“ bekannt. Brit Morgan (als Lauras Freundin Olivia) war in „True Blood“ und in „Graceland“ zu sehen, William Moseley in „The Royals“ und Connor Paolo, der als Computer-Experte Cobe immer wieder neue Seiten offenbart, in „Gossip Girl“ und „Revenge“. Diese Schauspieler sind damit vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchaus bekannt, was das Mitfiebern womöglich etwas erleichtert. Die Darstellung der Lebenswelt der Protagonistin ist überdies glaubwürdig und die überragende Bedeutung der sozialen Medien in dieser Welt wird dabei womöglich etwas überspitzt, aber treffend in den Blick genommen. An den verschwimmenden Grenzen zwischen privat und öffentlich entzündet sich der Schrecken – und mit einem einzigen Knopfdruck kann eine ganze Existenz zerstört werden.

    Unter dem zeitgemäßen Cyber-Gewand des Films verbergen sich indes Varianten klassischer Horror-Themen: In „Unfriend“ geht es letztlich wie etwa schon in Brian De Palmas Klassiker „Carrie“ um die Rache einer zurückgewiesenen Außenseiterin, die hier allerdings die ungreifbare Gestalt eines Dämons annimmt. Seine Opfer können die Augen buchstäblich nicht vom Bildschirm lösen, er nimmt ihnen zunächst die Macht über ihre virtuelle Existenz (Facebook-Accounts können nicht mehr gelöscht werden, Einträge werden von Geisterhand überschrieben) und bringt sie dann auf ziemlich drastische Weise um. Die blutigen und ziemlich einfallsreich inszenierten Tötungssequenzen gehören dabei ganz genretypisch zu den denkwürdigsten Augenblicken des Films, besonders ein brutaler Fahrstuhlmord beeindruckt mit seiner Mischung aus wohldosiertem Schock und souveräner Virtuosität. Der dynamische Schnitt, die agile Kamera, das effektvolle Sound-Design und die atmosphärische Musik von Martin Todsharow („Honig im Kopf“) wirken in dieser sehenswerten Horror-Fingerübung meist überzeugend zusammen, die geschickt gewählten Schauplätze (vom sterilen Krankenhausgang zur abgelegenen Ruine) tun ein Übriges, um gelegentliche erzählerische Holprigkeiten vergessen zu machen.

    Fazit: „Unfriend“ ist spannende Horror-Unterhaltung mit einem recht geschickt aufgegriffenen aktuellen Thema und erinnert nebenbei daran, dass man das echte Leben und persönliche Beziehungen wichtiger nehmen sollte als anonyme Freunde und das virtuelle Dasein in den sozialen Medien.

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