Fünf Filme hat er als Regisseur bisher verantwortet und im Durchschnitt strömten sagenhafte 5,9 Millionen Deutsche in seine Komödien und Parodien! Wem muss Michael Bully Herbig also eigentlich noch etwas beweisen? Richtig: niemandem! Aber er macht es trotzdem. Der Münchner Komiker und Filmemacher sucht ganz offensichtlich nach neuen Herausforderungen. Obwohl seine drei Schauspielengagements in einer Regiepause nach „Wickie und die starken Männer“ (2009) kommerziell scheiterten - „Hotel Lux“, „Zettl“ und „Der unglaubliche Burt Wonderstone“ floppten derb an der Kasse -, hat er auch für die Rückkehr hinter die Kamera den unbequemen Weg gewählt. Der Regisseur, Drehbuchautor, Darsteller und Produzent in Personalunion setzt eben nicht wieder da an, wo er aufgehört hat, sondern wagt etwas Neues: eine romantische Fantasy-Komödie, die mit seinen größten Erfolgen „Der Schuh des Manitu“ und „(T)Raumschiff Surprise“ so gut wie nichts gemein hat. So richtig belohnt wird der Mut jedoch nicht, denn „Buddy“ besitzt zwar handwerklich hohes Niveau, aber lustig ist er selten und ansteckend romantisch auch nur in der bezaubernden Schlussszene.
Partyhengst Eddie (Alexander Fehling) genießt das Leben in vollen Zügen. Als Erbe einer Brause-Hersteller-Dynastie schwimmt er im Geld und sein Wirken als Geschäftsführer der „Sprudel Factory“ hat eher repräsentative Zwecke, da die eigentliche Arbeit von seinem Statthalter Dr. Küster (Christian Berkel) erledigt wird. Eines Tages glaubt Eddie, es mit der Zecherei übertrieben zu haben, denn plötzlich steht sein Schutzengel Buddy (Michael Bully Herbig) auf der Matte und will seinen Dienst antreten. Das Problem: Nur Eddie kann Buddy sehen und hören, seine Mitmenschen halten den arroganten Schnösel, der sich plötzlich äußerst seltsam verhält, zwangsläufig immer wieder für komplett verrückt. Erst mit der Zeit gewöhnt sich Eddie an Buddy und lässt sich von ihm sogar dazu bringen, sich an die hübsche Altenpflegerin Lisa (Mina Tander) ranzumachen, die hat zwar ein Kind (Jann-Piet Puddu), ist aber ansonsten sehr flott. Als Lisa Eddie bei einem Unfall mit dem VW-Bus überfährt und in der Firma Intrigen gegen den Hallodri-Boss eingefädelt werden, muss Schutzengel Buddy an mehreren Fronten Schwerstarbeit leisten…
Wer mit einer romantischen Komödie in Deutschland zurzeit einen Publikumshit landen will, der folgt bevorzugt den von Til Schweiger („Keinohrhasen“) vorgegebenen Pfaden. Der umstrittene Superstar selbst hat seine bewährte Formel Weggefährten wie Matthias Schweighöfer („Schlussmacher“) oder Tobias Wiemann („Grossstadtklein“) zur Zweit- und Drittverwertung überlassen. Wenn jetzt ein anderes Schwergewicht hiesiger Unterhaltung wie Michael Bully Herbig die Fahrwasser der romantischen Komödie ansteuert, drängt sich die Frage auf, wie viel „Schweigerhöfer“-Spirit es in seine Arbeit einfließen lässt. Die Antwort: nicht besonders viel! Nur ausgerechnet die Hauptfigur des Szene-Kotzbrockens scheint dem Standardrepertoire der Kollegen entliehen. Aber anders als bei Schweiger und Schweighöfer, die diese Rollen gerne persönlich übernehmen, ist der Womanizer Eddie bei Herbig kein sympathischer Kotzbrocken, sondern bleibt allzu lange ein reiner Widerling. So fällt es schwer, mit dem Nichtsnutz mitzufiebern und ihm bei seiner Werbung um die hübsche und (zumindest laut Drehbuch) etwas mauerblümige Altenpflegerin Lisa die Daumen zu drücken. Die beiden so gegensätzlichen Figuren passen charakterlich einfach nicht zueinander – obwohl Theatermann Alexander Fehling („Die Vermessung der Welt“) in der zweiten Filmhälfte alle Anstrengungen der Welt unternimmt, das Gegenteil zu beweisen. Diese Liebe bleibt auch emotional wenig plausibel.
Die Fantasy-Geschichte um eine unmögliche romantische Liebe bietet auf den ersten Blick kaum mehr als Klischees (die Hauptfiguren, die Sidekicks, der Handlungsverlauf, das Ambiente – alles das hat man schon oft gesehen), doch Herbig reichert diese mit zunehmender Dauer durch einige nette Einfälle an, die „Buddy“ einen gewissen Charme verleihen. Da führt etwa Alexander Fehling vor Mina Tanders („Männerherzen“) Tür einen zauberhaften „Singin‘ In The Rain“-Regentanz auf, der ebenso begeistert wie die umwerfende finale Tanzeinlage (zu Frankie Vallis „Can’t Take My Eyes Off You“, das schon „Die Hochzeit meines besten Freundes“ veredelte), mit der Eddie die Angebetete doch noch erobern will. In diesen beiden Szenen sprühen zwischen Fehling und Tander ausnahmsweise die Funken, die über weite Strecken des Films so schmerzlich fehlen. Bullys eigene übrigens nach Bud Spencer benannte Figur Buddy wiederum ist ein uneingeschränkter Gewinn für den Film, denn der Schutzengel (oder auch Buddy-Guard, Flügelmann, …) darf als himmlischer Pumuckl 2.0 einen neckischen Spruch an den nächsten reihen und immer wieder zu amüsanten Musicaleinlagen antanzen - von Soulklassikern über die Carpenters bis hin zu Karel Gott ist alles dabei. In dieser herrlich albernen Raserei finden sich letzte Spurenelemente der „Bullyparade“, jener höchst skurrilen TV-Comedy-Show, die anfangs fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit lief, bis das Bully-Team mit dem „Schuh des Manitu“ im Kino plötzlich Rekorde brach und die Sendung auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs einstellte.
Es ist sympathisch, dass Michael Herbig auch beim Versuch, ein neues Genre für sich zu erobern, seine Comedy-Wurzeln nicht verleugnet, aber es bleibt festzustellen, dass er mit „Buddy“ (noch) nicht ins Schwarze trifft: Die großen Lacher bleiben aus und sonderlich romantisch geht’s im Gegenzug auch nicht zu. Die beiden wichtigsten Zutaten sind damit nicht gut dosiert und aufeinander abgestimmt, aber immerhin stimmt die Begleitmusik. Denn Herbigs großartige handwerkliche Fähigkeiten sind eine Bereicherung für „Buddy“: Er liefert formatfüllende Kinobilder, die internationalem Standard entsprechen – beispielhaft zu bestaunen bei der innovativen Eröffnungssequenz, in der sich die Kamera von Torsten Breuer („Die Welle“, „Napola“) durch Standbild-Momentaufnahmen einer exzessiven Party bewegt und einen beeindruckenden räumlichen Effekt erzielt. Packend inszeniert ist auch eine rasende Verfolgungsjagd durch Hamburg, die aber leider inhaltlich wenig überzeugend motiviert ist. Dazu gibt es immer wieder stimmungsvolle Aufnahmen der Elb-Metropole, in der die Handlung angesiedelt ist. So ist „Buddy“ erzählerisch zwar eine kleine Enttäuschung, aber auf das nächste Werk des Regisseurs Michael Bully Herbig dürfen wir trotzdem sehr gespannt sein.
Fazit: Michael Herbig bewahrt sich bei der romantischen Fantasy-Komödie „Bully“ trotz des Genrewechsels seinen Bully-Touch, aber navigiert auch immer wieder gefährlich nah an den klischeelastigen Mainstream-Standard und landet letztlich im Mittelmaß.