Es ist recht schwierig, eine nachvollziehbare Kritik dieses Films zu schreiben, ohne ziemlich viele Spoiler einzubauen. In der Tat enthält die Handlung schockierende Twists, die angesichts der meist realistischen und starken Darstellung der Hauptfiguren ungewöhnlich heftig und teils wirklich im negativen Sinne aufdringlich, klischeehaft und auch deplaziert herüberkommen - und meiner Meinung nach eher zu einem satanistisch angehauchten Splattermovie passen als in einen Western und jede psychologische Nachvollziehbarkeit auf deprimierende Weise vermissen lassen. Davor finde ich, muss man fast warnen, da die Kritiken sich bei diesem Film in erstaunliche Interpretationen versteigen. Dazu unten mehr. Hier die genaue Erklärung zu den Twists:
Der plötzliche Selbstmord von Mary Bee Cuddy ist angesichts ihres bisher porträtierten Charakters ein echter Schocker, sinnlos und psychologisch nicht nachvollziehbar. Das Niederbrennen des Hotels ist ein grausamer, geradezu terroristischer Akt, der so gar nicht zum bis dahin pragmatischen Briggs passen will.
Wichtig hierbei für eine faire Filmkritik ist aber meines Erachtens, dass diese Dinge im Wesentlichen genau so in der Romanvorlage vorkommen, trotz der irritierenden Einlassungen des Regisseurs
(“I think those guys deserved to have their hotel burned,” Jones says with a laugh. “I enjoyed it.”)
in einem Interview mit dem 'Scotsman' kann man diese problematischen Punkte dem Film nicht vorwerfen, denn dieser gibt im Wesentlichen die Handlung des Buches weiter
(Eine marginale Änderung gibt es bei der Hotelszene doch: Effekthascherisch und völlig überflüssig wurde hier ein Spanferkel anstelle der Sardinendosen des Buches eingebaut, das ist meines Erachtens schon fragwürdig und wirft ein seltsames Licht auf Tommy Lee Jones, insbesondere was 'Werte' angeht)
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Ich wundere mich auch über die Kritiken. Insgesamt sehe ich in diesem Film weder eine Kapitalismuskritik noch Feminismus noch überraschende Komik, all das wurde von Kritikern hineininterpretiert. Am ehesten ist der Film ein teilweise schockierend düsteres und gewaltsames Drama über totale Fehlkommunikation und Verrücktheit.
Ein wesentlicher Aspekt hier ist meines Erachtens, dass Mary Bee Cuddy ganz offenbar ebenfalls verrückt ist, sogar am verrücktesten von allen - sie überlebt nämlich nicht im Gegensatz zu den offiziell verrückten Frauen, und das durch ihre eigene Schuld.
Im positiven Sinne normal ist in diesem Film/dieser Geschichte fast nichts, Pose ersetzt Kommunikation, und falsche pseudochristliche Werte tun ihr Übriges. Der Film ist meines Erachtens stark inszeniert, aber meine Kritik an der Story, am Buch, kann der Film natürlich nicht kompensieren. Daher gebe ich einen Mittelwert, 3 Punkte.