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    Interior. Leather Bar.
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Interior. Leather Bar.
    Von Michael Meyns

    Cruising" – William Friedkins legendärer, schwul-schwülstiger Copfilm sorgte 1980 nicht nur im Wettbewerb der Berliner Filmfestspiele für einen Skandal: Die Vermischung von schwuler Subkultur und Serienkillerplot schien Vorurteile zu bestärken und sorgte für massive Proteste. Dabei war das, was man auf der Leinwand sah, noch nicht einmal das derbste: Ganze 40 Minuten soll Friedkin geschnitten haben, um eine Jugendfreigabe zu erhalten. Auch wenn dieses Gerücht wohl eher eine urbane Legende ist, nehmen es Travis Mathews („IWant Your Love") und Schauspieler James Franco („Spring Breakers") zum Anlass für ihren Film „Interior. Leather Bar". In einer spannenden Mischung aus Fakten und Fiktion imaginiert das Regie-Duo, wie das geschnittene Material aus „Cruising" aussehen könnte und nutzen diese Überlegung, um generelle Fragen über die Darstellung von Homosexualität auf der Leinwand zu stellen.

    Männer, ausschließlich Männer, finden sich zu einem Casting ein, berichten über ihre Erwartungen an ein Projekt, dessen Intention ihnen offenbar selbst nicht so ganz klar ist. Vor allem die Gelegenheit mit Hollywood-Star James Franco zusammenzuarbeiten scheint die meisten zu animieren. Und auch Hauptdarsteller Val Lauren scheint nicht ganz sicher zu sein, ob sein Mitwirken an diesem Projekt nicht ein Fehler ist. Doch sind die besorgten Anrufe seines Agenten wirklich echt? Ist es nicht ein bisschen zu eitel, dass Franco in seiner Funktion als Co-Regisseur sich selbst so verehren lässt?

    Immer wieder brechen Mathews und Franco die Grenzen zwischen Dokumentar- und Spielfilm auf. Da lassen sie Szenen laufen, die wie dokumentarische Beobachtungen von Schauspielern wirken, die sich über ihre Rollen unterhalten, nur um im letzten Moment Zweifel an der Authentizität zu säen. Da werden dann Sätze wiederholt, die klingen als würde da nicht ein Mensch sprechen, sondern eine Figur, eine Rolle. An anderer Stelle greift einer der beiden Regisseure aktiv ins Geschehen ein und bittet um eine weitere Einstellung.

    So inszenieren Mathews und Franco ein amüsantes Spiel mit Fakten und Fiktion und stellen dabei mehr und mehr auch Fragen nach sexuellen Identitäten. Manche der Schauspieler, mit denen Szenen aus „Cruising" imaginiert werden, sind schwul, andere bezeichnen sich als heterosexuell. Diese werden in einen ähnlichen Kontext gesetzt wie Al Pacino als Cop in Friedkins Thriller. Der bewegt sich als Hetero auf der Suche nach einem Serienkiller in der schwulen Subkultur New Yorks. Augenscheinlich ist es den heterosexuellen Schauspielern sowie Pacinos Cop etwas unangenehm bei schwulen Sexszenen zuzuschauen – oder ist das auch in „Interior. Leather Bar" nur gespielt?

    Was Mathews und Franco mit ihrem Verwirrspiel über die Darstellung und die Wahrnehmung von Homosexualität im Mainstream-Kino zu sagen haben, ist allerdings trotz der interessanten Ausgangslage meist nicht furchtbar originell. Es sind lose Allgemeinplätze, die im Rahmen einer Versuchsanordnung geäußert werden, die sich dennoch in die momentane Produktivität James Francos einfügen. Der breiten Masse vor allem aus Mainstream-Filmen wie „Spider-Man" oder „Planet der Affen: Prevolution" bekannt, hat sich Franco, dessen sexuelle Orientierung der Klatschpresse offenbar Rätsel aufgibt, in den letzten Jahren zunehmend mit Sexualität jenseits der konservativen Norm beschäftigt. So drehte er Filme über Sal Mineo, einen der wenigen offen schwulen Hollywood-Schauspieler („Sal"), über das Bondage-Portal „Kink" und arbeitet an einer Dokumentation über die Porno-Industrie. „Interior. Leather Bar" ist somit ein weiterer Mosaikstein in Francos Beschäftigung mit Formen der Sexualität, und allein dadurch weit von dem entfernt, was Hollywood-Größen sonst so in ihrer Freizeit machen. Und allein das macht den Film schon interessant.

    Fazit: Auf amüsante und clevere Weise thematisieren Trevor Mathews und James Franco in „Interior. Leather Bar" die Darstellung und Wahrnehmung von Homosexualität im Kino. Die Ergebnisse ihrer Überlegungen mögen nicht immer substantiell sein, interessant ist das Spiel mit Fakt und Fiktion in jedem Fall.

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