Ein Film so leise, dass man ihn leicht überhört. Nur wenige Monate nachdem sie sich in „Les Misérables“ mit „I Dreamed a Dream“ die Seele aus dem Leib - und nebenbei einen Oscar als Beste Nebendarstellerin ins Regal - geschmettert hat, flüstert Anne Hathaway ihre Coverversion von Americas „I Need You“ in dem nun mit reichlicher Verspätung auch in den deutschen Kinos zu sehenden „Song One“ geradezu. Ihre brüchig-leise Performance passt aber perfekt in dieses Drama von Langfilmdebütantin Kate Barker-Froyland: Obwohl die Story - Bruder im Koma, Romanze mit einem Popstar - regelrecht nach großen Gefühlen schreit, setzt die New Yorker Indie-Regisseurin voll auf Understatement. Fans von Emo-Musik wird sie so womöglich abholen, aber es wird auch eine Menge Zuschauer geben, die sich bei der betont zurückhaltenden Erzählweise nur denken: „Man kann's auch untertreiben.“
Als ihr kleiner Bruder Henry (Ben Rosenfield) nach einem Unfall ins Koma fällt, kehrt die Anthropologie-Doktorantin Franny (Anne Hathaway) vorzeitig von ihren Forschungen in Marokko nach New York zurück. Mit der Hilfe seines Tagesbuchs begibt sich Franny auf die Spuren des Studienabbrechers und Straßenmusikers: Sie macht Tonaufnahmen in seinen Lieblingsbars und besorgt Pfannkuchen aus seinem Stammcafé, um ihn mit den vertrauten Geräuschen und Gerüchen zum Aufwachen zu bringen. Außerdem stößt sie auf eine Karte für ein Konzert des Songwriters James Forester (Johnny Flynn), dem großen Vorbild ihres Bruders. Nach der Vorstellung spricht Franny den abseits der Bühne überraschend schüchternen Musiker an, um ihm eine Kopie von Henrys neuestem Song mitzugeben...
Johnny Flynn („Clouds Of Sils Maria“) ist nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Frontmann der britischen Folk-Band Johnny Flynn & The Sussex Wit erfolgreich - und so sind es vor allem seine gefühlvollen Singer/Songwriter-Balladen, die von „Song One“ hängenbleiben: Barker-Froyland hält mitunter einfach minutenlang drauf, wenn Forester die Songs erst mit der Gitarre aufnimmt und sich anschließend selbst mit der Violine begleitet. Dass dafür trotz der knappen Spieldauer von 85 Minuten genügend Zeit ist, liegt aber eben auch daran, dass sich die Liebesgeschichte mit nur einer Handvoll Szenen in Andeutungen erschöpft: Das ist zwar - auch dank der hervorragenden Chemie der beiden Hauptdarsteller - mitunter verdammt stimmungsvoll. Aber diese zelebrierte Anti-Dramatik lädt den Film zugleich auch mit einer gefühlten Bedeutsamkeit auf, der Story und Figuren dann einfach nicht gerecht werden können.
Fazit: Ein derart zurückhaltender Film, dass er trotz toller Darsteller und einiger berührend-melancholischer Szenen einfach nie richtig in Schwung kommt.