Gern hätte ich diesen Film wenigstens einen halben Stern mehr gegeben. Er ist durchaus sehenswert und solide gemacht. "Leider" gehört "Der Medicus" zu meinen wenigen absoluten Lieblingsbüchern, welches ich schon mehrfach gelesen habe. Mit Spannung und Vorfreude habe ich auf den Film gewartet und wer das Buch gelesen hat und ebenso wie ich davon gefesselt war, kann meine Enttäuschung verstehen. Außer den grundlegenden Tatsachen, das Rob Cole bei einem Bader in der Lehre war und dem Verlangen nach mehr Wissen schließlich nach Isfahan reist um bei dem Arzt aller Ärzte studieren zu können, wird eigentlich alles was in dem Buch geschildert wird aus dem Kontext gerissen und nach belieben neu zusammengesetzt. Dies wird schon zu Anfang des Films deutlich, denn die Mutter starb nicht wie im Film dargestellt, sondern nach der Geburt des letzten Kindes. Die Zahl der Geschwister, der Umstand wie Rob zu dem Bader kam wurden ebenso verfälscht, wie die leider ausbleibende Geschichte in der Lehre des Baders, sowie der Umstand des Beginns der Reise nach Persien.
Auch die Reise selbst, die mich im Roman so gefesselt hat, die Wandlung vom Engländer zum Juden, die Strapazen und die Zeit des Lernens, die Studie der Sprache, die Begierde des Wissens, gehen im Film völlig unter, bzw. werden wenn überhaupt nur in winzigen Teilen aufgeblendet. Die Aufnahme in der Madrassa, die Persönlichkeit von Karim wurden ebenso verfälscht dargestellt wie die in dem Buch so wichtige Freundschaft zu Mirdin außer Acht gelassen wurde.
Die "Liebesgeschichte" mit Rebecca fande ich fast schon lächerlich, hatte sie doch rein gar nichts mit der tatsächlichen Liebesgeschichte mit Mary aus Schottland gemein, die mich in dem Buch bewegt hat.
Um das ganze nun doch etwas abzukürzen: Die Beziehung zum Schah wurde ebensowenig beachtet, wie die Darstellung verfälscht wurde, wo und wie die Pest ausbrach, nämlich getreu dem Buch in Schiras. Die Geschichte Karims, im Buch unterhielt er ein Verhältnis mit Ibn Sina´s jüngerer Frau, wird völlig fernab der Buchvorlage dargestellt.
Ibn Sina selbst starb, nach der Buchvorlage, infolge eines Krebsleiden, nachdem er den letzten Feldzug des Schah´s als Hakim begleitete. Letztendlich wurde die Geschichte und den Feldzügen des Schah´s in dem Film keine Bedeutung beigemessen. Das Ende hat auch nichts mit dem Buch gemein. Rob scheiterte, nach der Buchvorlage, in England und fand schließlich seine Ruhe und sein Glück in Schottland, der Heimat seiner Frau Mary.
Dennoch, wenn ich es mit Abstand betrachte und der Tatsache einen solchen Film dem breiten Puplikum zugänglich zu machen, ist dieser Film durchaus sehenswert. Man darf hier eben nicht das Buch zum Maßstab nehmen. Vor allem durch Ben Kingsley, der seine Rolle unter den gegebenen Möglichkeiten großartig gespielt hat, der aber noch viel mehr hätte zeigen können, wenn es das leider "verkrüppelte" Drehbuch hergegeben hätte. Auch Tom Payne konnte in seiner Rolle teilweise überzeugen, wenngleich mich sein jüngeres Ich mehr beeindruckt hat. Die Rolle des Baders, gespielt von Stellan Skarsgard konnte hingegen beeindrucken. Schade nur, das die Möglichkeit der Vorlage nicht genutzt wurde. Die weiteren Darsteller will ich hier gar nicht erwähnen, weil sie mich nur mit Mittelmaß, bzw. manchmal schon mit unfreiwilliger Komik, sowie purer Langeweile "unterhalten" haben.
Alles in allem letztendlich nur ein "prächtiger" Film im Hollywood Style, der der Vorlage des Buches wirklich nur im allergeringstem Maß gerecht werden konnte. Wer das Buch nicht kennt, kann durchaus, wenn dann auch mit Logikfehlern, unterhalten werden.
Deshalb an dieser Stelle, für die schönen Bilder und teilweise gutem Spiel, wirklich gerade so wohlwollende 3 Sterne.