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    Shadows Of Liberty
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Shadows Of Liberty
    Von Christoph Petersen

    Eine freie Presse ist für eine funktionierende Demokratie unerlässlich. Aber obwohl in den USA im vergangenen Jahrhundert immer mehr staatliche Beschränkungen des Pressemarkts abgeschafft wurden, hat diese Deregulierung nicht etwa zu mehr Freiheit geführt, vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Inzwischen haben sich nur fünf Konzerne (darunter Time Warner & Disney) mehr als die Hälfte des US-Newsgeschäfts unter den Nagel gerissen, was wiederum ganz neue Gefahren mit sich bringt. In seiner Dokumentation „Shadows Of Liberty“ fasst Regisseur Jean-Philippe Tremblay in knappen Episoden zusammen, welche Abgründe sich hinter der Hochglanzfassade der modernen, allein auf Profit ausgerichteten Nachrichten auftun. Dabei funktioniert der Film als Weckruf, dass es so auf keinen Fall weitergehen darf (gerade in Bezug auf das Internet, wo der Presse aktuell dasselbe Gleichmach-Schicksal wie im TV und Print droht). Aber während die einzelnen Episoden einfach zu kurz sind, um die jeweilige Thematik sauber von allen Seiten zu beleuchten, sind auch die aus den gesammelten Geschichten gezogenen Schlüsse wenig ergiebig. Und um die Frage, wie es denn besser ginge, kümmert sich Tremblay sogar erst gar nicht.

    Eine Reporterin von CBS berichtet über die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den Fabriken von Nike in Vietnam – und wird dafür mit Lob überschüttet. Kurze Zeit später wird Nike zum Hauptsponsor für die auf CBS ausgestrahlte Winterolympiade – und die Journalistin verliert ihren Job. Ein Redakteur einer kleinen Zeitung berichtet als erster über die Verstrickungen der CIA mit Crack-Dealern – weil sie sich in ihrem Status als Meinungsführer bedroht fühlen, schreiben die großen Zeitungen jedoch alle, dass die Geschichte schlecht recherchiert und falsch sei. Ein Jahr später gibt die CIA alles zu – aber der geächtete Reporter findet in der Branche keinen Job mehr und begeht Selbstmord. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 braucht die Bush-Regierung einen Grund, um im Irak einzumarschieren. Außenminister Colin Powell hält vor den Vereinten Nationen eine Präsentation über Waffenvernichtungswaffen im Irak – und die auf ihr Patriotismus-Image bedachten Mainstream-Medien fressen die Kriegspropaganda ohne jede kritische Nachfrage…  

    Wirtschaftliche Verstrickungen, gleichgeschaltete Meinungen, quotenfördernder Sensationsjournalismus – Jean-Philippe Tremblay wirft in „Shadows Of Liberty“ alles in einen Topf. Aber während es auf der Hand liegt, dass das Zurückziehen der Nike-Story eindeutig etwas mit den wirtschaftlichen Interessen des Mutterkonzerns CBS zu tun hat, erschließt sich der Zusammenhang zwischen dem Massenvernichtungswaffen-Debakel und der Kritik an den Newsgesellschaften nicht von selbst. Schließlich haben unabhängige kleine Zeitungen die Pressemitteilungen genauso unkritisch übernommen. Tremblay sammelt Beispiele, in denen Mist gebaut wurde, aber seinen einzigen daraus gezogenen Schluss, dass die Big Five zu viel Macht besitzen, leitet er nicht sauber ab. Damit richtet sich „Shadows Of Liberty“ von vorneherein nur an diejenigen, die sowieso schon mit seinen Forderungen konform gehen. Diese Beliebigkeit zeigt sich nicht nur bei der Auswahl der Episoden, sondern auch an den Gesprächspartnern: Neben WikiLeaks-Gründer Julian Assange darf da auch Schauspieler Danny Glover (auf dem Plakat sogar erstgenannt!) Allgemeinplatz-Phrasen in die Kamera sprechen - aber die Antwort auf die Frage, was der „Lethal Weapon“-Star eigentlich mit dem Nachrichtengeschäft zu tun hat, bleibt uns Trambley leider schuldig.

    Fazit: Als wütend machender Weckruf okay, als erhellende Dokumentation über ein drängendes Thema aber zu oberflächlich.

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