Erfolgreiche Kinostars und Trickbetrüger haben eines gemeinsam: Sie sind beide Illusionskünstler, die ihrem Publikum (ihren Opfern) alles weismachen können, was sie wollen. So ist es auch kein Zufall, wenn Filme über Schwindler, Hochstapler und Diebe oft besonders doppelbödig ausfallen. Das war schon bei Klassikern wie Lubitschs „Ärger im Paradies“ oder dem Oscar-Abräumer „Der Clou“ so und es ist nun auch bei der Gaunerkomödie „Focus“ nicht anders. Die Regisseure und Drehbuchautoren Glenn Ficarra und John Requa testen darin die Bereitschaft der Zuschauer, sich an der Nase herumführen zu lassen, während Hauptdarsteller Will Smith, der schon 1993 in „Das Leben – Ein Sechserpack“ einen Hochstapler gespielt hat, beweisen will, dass er nach seinem umstrittenen Flop „After Earth“ immer noch ein echter Kassenmagnet ist und ein globales Massenpublikum in seinen Bann schlagen kann. Ob die finanzielle Rechnung aufgeht, muss sich noch herausstellen, aber erzählerisch ist der Film ein Fehlschlag. Die Anstrengungen von Machern und Star wirken deutlich zu bemüht, um ihnen den Schwindel abzunehmen.
In einem edlen New Yorker Hotel trifft der erfahrene Dieb und Betrüger Nicky Spurgeon (Will Smith) auf die Möchtegern-Gaunerin Jess (Margot Robbie). Sie flirten und spielen sich was vor, schließlich lockt sie ihn in ihr Zimmer, wo sie mit einem Komplizen versucht, ihn auszurauben. Nicky hat den Plan jedoch längst durchschaut und dreht den Spieß um. Jess ist beeindruckt und bettelt förmlich darum, bei ihm in die Lehre gehen zu dürfen. Schließlich lässt er sich darauf ein und sie beweist beim ersten Einsatz mit seiner Bande von Taschendieben beim Super Bowl in New Orleans beeindruckende Fingerfertigkeit. Der Meister-Schwindler und seine Musterschülerin kommen sich auch menschlich näher. Als Nicky die erstohlenen Millionen in einer leichtsinnigen Wette aufs Spiel setzt, ist Jess entsetzt. Aber einmal mehr kommt alles anders als erwartet…
In „Focus“ weiß man nie, woran man ist. Und wenn uns die Filmemacher doch einmal in ihre Karten blicken lassen, dann nur um zu zeigen, dass das Blatt sowieso gezinkt ist. Das beste Beispiel für das Überdrehen der Schwindelschraube ist eine ausgedehnte und nichtsdestotrotz sehr unterhaltsame Sequenz beim „Super-Bowl“ (die ganze Veranstaltung ist passenderweise ein Fake, weil die Lizenzrechte offenbar nicht zu haben waren): Nicky und Jess wetten während des Football-Matchs kleine Beträge auf Kleinigkeiten am Rande, was von ihrem Logennachbarn beobachtet wird. Der vom maliziös-jovialen B.D. Wong (der sich die Szene locker stiehlt) gespielte steinreiche Asiate bittet darum, in das Spiel der beiden einsteigen zu dürfen. Bald schaukelt sich die Situation hoch, bis schließlich Irrsinnsbeträge eingesetzt werden. Mit verblüffender Unverfrorenheit strapazieren die Regisseure die feine Linie zwischen clever und lächerlich bis zu einem absurden Höhepunkt (worauf hier Millionen gesetzt werden, sollte man selbst entdecken), wobei die eigentliche Frage immer lautet: Wer täuscht hier wen? Und wer steckt mit wem unter einer Decke? Die Antwort enttäuscht dann allerdings ebenso wie die folgende ausschweifend-komplizierte Erklärung für das gerade gesehene Manöver: Glenn Ficarra und John Requa lassen uns gleichsam auf die Konstruktion des Films selbst gucken und zeigen uns dabei auf unverblümte Weise, dass sie tun können, was sie wollen – und das machen sie dann auch.
Nur ist das Spiel mit der erzählerischen Macht, das Unterlaufen von Konventionen hier insgesamt nicht annähernd so vergnüglich wie in „Crazy Stupid Love“, dem vorigen Werk des Duos und auch nicht so faszinierend-fragwürdig wie im gemeinsamen Regieerstling „I Love You Phillip Morris“. In „Focus“ führt die Willkür, die im zweiten Teil des Films in Buenos Aires endgültig die Oberhand gewinnt, einfach zu nachlassendem Interesse. Nach drei Jahren sehen wir Smith, der vorher vor allem trickreiche Raubzüge orchestriert hat, auf einmal als Identitätsschwindler auf dem Niveau von Kino-Geheimagenten. Die Einzelheiten (es geht um eine Software für Formel 1-Rennwagen) sind dabei genauso beliebig wie unverständlich und irgendwie ist dann auch die wackere Margot Robbie („The Wolf of Wall Street“) wieder da, wodurch die Dinge natürlich kompliziert werden. Was die Protagonisten wirklich denken oder gar fühlen (die Liebesgeschichte bleibt reine Behauptung), das ist bei all dem kaum noch zu erahnen – man darf ihnen schlicht kein Wort glauben. Und wenn Nicky einmal selbst meint, er könnte die Leute von allem überzeugen, dann nehmen wir das Will Smith noch lange nicht ab. Obwohl sein berühmter Große-Jungen-Charme gelegentlich aufblitzt, reicht seine Verführungskraft nicht aus, um darüber hinwegzutäuschen, dass dieses allzu schicke Schelmenstück mit seinen leblosen Luxuskulissen, seinen endlosen elaborierten Wendungen und seinen konturenlosen Figuren keine Seele besitzt. Und schon gar keinen Fokus.
Fazit: „Focus“ ist nicht nur ein Film über Betrüger, sondern selbst ein ausgetüfteltes Täuschungsmanöver, bei dem voll auf die Starpower von Will Smith gesetzt wird. Das Kalkül geht allerdings nur in einzelnen Szenen auf.