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    Am Hang
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Am Hang
    Von Asokan Nirmalarajah

    Es war nur eine Frage der Zeit: Nach Bühnenadaptionen und einer Hörspielfassung wurde Markus Werners international erfolgreicher Bestseller „Am Hang“ nun auch fürs Kino verfilmt. Unter der Regie von Markus Imboden („Der Verdingbub“) bekleiden die deutschen Schauspielveteranen Henry Hübchen und Martina Gedeck sowie Nachwuchsstar Max Simonischek die Hauptrollen in dem kammerspielartigen Psychodrama. Das unterkühlte Rededuell zweier Männer über die eine, das Leben verändernde Frau hat allerdings eine seltsam ambivalente Beziehung zu seiner literarischen Vorlage: Erst können sich Imboden und seine Autoren Klaus Richter und Martin Gypkens bei ihrem bisweilen arg schwerfälligen Dreiecksdrama kaum von der Wortverliebtheit des Buchs trennen, nur um dann im letzten Drittel die handlungsarme Vorlage zu einem melodramatischen, unbefriedigenden Ende weiterzuspinnen.

    Thomas Clarin (Max Simonischek) befindet sich auf dem Weg zu seinem Ferienhaus im Tessin. Der überzeugte Junggeselle will dort übers Wochenende einen Fachartikel über die Geschichte des Schweizer Scheidungsrechts verfassen und nebenbei noch eine alte Affäre zu einer befreundeten Krankenschwester aufleben lassen. Als er vor einem Bahnübergang halten muss, beobachtet er, wie sich ein grauhaariger Mann im schwarzen Anzug gefährlich nah an den Bahngleisen bewegt. Thomas zieht den anscheinend suizidgefährdeten Fremden zurück, der jedoch wenig erfreut über die Rettung ist. Etwas später begegnen sich die Männer in einem Restaurant wieder. Der fahrige, pensionierte Musiklehrer stellt sich dem Mittdreißiger Thomas als Felix (Henry Hübchen) vor, ein Witwer, der nicht über den frühen Tod seiner Frau hinwegkommt. Eine hitzige Debatte über Liebe, Ehe und Treue bringt die beiden dazu, auch über zwei ganz besondere Frauen zu reden: Während Thomas von der kurzen, aufregenden Affäre zu einer seiner vielen Verflossen erzählt – der verheirateten Valerie – berichtet Felix vom Überlebenskampf seiner Ehefrau Bettina. Was den Männern dabei allmählich bewusst wird: Bettina und Valerie sind ein und dieselbe Person (Martina Gedeck).

    Wer meint, hier werde schon zu viel verraten, der irrt. Während die Frau in der Romanvorlage nur in den Erzählungen der Männer auftaucht und je nach Sichtweise mal feurige, leidenschaftliche Liebhaberin, mal kultivierte Lebensgefährtin ist, wird sie in der Verfilmung zur eigenständigen Figur. In zahlreichen Rückblenden wird die Perspektive von Valerie bzw. Bettina gezeigt, die von Martina Gedeck („Die Wand“) etwas affektiert dargestellt wird. Imboden durchbricht hier auf interessante Weise die Vorlage, gibt der weiblichen Figur mehr Persönlichkeit, lässt sie also auch zu Wort kommen. Diese Erweiterung der literarischen Vorlage läuft aber ins Leere, weil weder Valerie noch Bettina ausreichend ausgearbeitet werden. Trotz der Erweiterung ist sie weiter nur die Frau in den Erzählungen. So entsteht die Spannung des Films nicht in den erzählten Geschichten, sondern zwischen den zwei männlichen Protagonisten, die sich sowohl psychisch als auch physisch unangenehm nah kommen.

    Ein energisch auftretender Henry Hübchen („Da geht noch was!“) kontrastiert sehr gut mit dem angenehm gelassenen, bedacht auftretenden Max Simonischek („Hindenburg“). Ihre lebensphilosophischen, zunehmend doppelbödigen Diskussionen über Sinn und Unsinn der Liebe sind die Essenz des Films, selbst wenn ihre Beziehung zunehmend unglaubwürdig wird: Warum sich Thomas immer wieder auf ein weiteres Gespräch mit dem verwirrten, oft gewalttätigen Fremden einlässt, selbst nachdem dieser ihn geschlagen hat, bleibt wie so vieles offen. Im letzten Drittel verliert Imboden dann allerdings die Linie: Zunehmend nimmt Felix Charakterzüge eines psychopathischen Stalkers an. „Am Hang“ wandelt sich hier vom Kammerspiel zum Psychothriller. Die interessante Ungewissheit der aus der Perspektive von Thomas erzählten Romanvorlage findet sich im Film allerdings nicht wieder. Imboden bevorzugt stattdessen einfache Antworten und vor allem einen Abschluss der Dreieckskonstellation, die jedem Beteiligten eine mehr oder minder „gerechte“ Strafe zuweist.

    Fazit: Markus Imboden liefert mit der Verfilmung des Bestsellers „Am Hang“ ein durchaus bedachtes, aber oft prätentiöses Beziehungsdrama ab.

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