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    The Raid 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    The Raid 2
    Von Christoph Petersen

    Mit seinem brachialen, in seiner Wahlheimat Indonesien gedrehten Martial-Arts-Kracher „The Raid“ hat der Waliser Gareth Evans 2011 den innovativsten Actionfilm des angebrochenen Millenniums rausgehauen: Eine intensivere Leinwanderfahrung als diese 100 Minuten, in denen sich der junge Rekrut Rama nahezu ohne Verschnaufpause durch die Flure eines von Syndikat-Schergen besetzten Hochhauses in Jakarta prügelt, kann man sich kaum vorstellen. Dabei ist die Idee, die gesamte Handlung in einem einzigen Gebäude anzusiedeln, nur aus der Not heraus entstanden: Ursprünglich hatte Evans nämlich ein auch räumlich ausuferndes Gangster-Epos verfasst, für dieses aber einfach nicht das nötige Budget zusammenbekommen. Nun ist die Filmgeschichte voll von Projekten, bei denen man sich auch Jahrzehnte später noch fragt, wie sie wohl ohne aufgezwungene finanzielle oder technische Kompromisse ausgesehen hätten, aber dieses Mal bekommen wir tatsächlich eine Antwort: Nach dem Erfolg von „The Raid“ fiel das Geldeinsammeln plötzlich sehr viel leichter und so konnte Evans seine ursprüngliche Vision als „The Raid 2“ nun doch noch in die Tat umsetzen: Dabei pulverisiert der Filmemacher nicht nur erneut die Grenzen dessen, was bisher als physisch machbar erachtet wurde, er merzt auch den einzigen Makel des Vorgängers aus und präsentiert im zweiten Anlauf neben einer weltrekordverdächtigen Anzahl an „What the Fuck“-Momenten auch eine mitreißende Story.

    Noch in derselben Nacht der Geschehnisse aus „The Raid“ wird Rama (Iko Uwais) für seine nächste Mission angeheuert: Der Polizei-Rekrut soll einen Politiker-Sprössling zusammenschlagen, um sich anschließend nach seiner Verurteilung im Knast das Vertrauen von Uco (Arifin Putra), dem Sohn des mächtigen Syndikat-Bosses Bangun (Tio Pakusodewo), zu erschleichen. Statt wie geplant ein paar Monate bekommt der junge Familienvater jedoch gleich zwei Jahre aufgebrummt - aber nicht einmal das lässt ihn an seiner Mission zweifeln: Nach seiner Freilassung nimmt Rema wie geplant eine Stellung in Banguns Organisation ein. Nun muss er mit der ständigen Furcht leben, aufzufliegen und bekommt es obendrein mit scharenweise konkurrierenden Gangstern und korrupten Polizisten zu tun…

    Den üblichen Hollywood-Spielregeln folgend hätte man nach dem begeisterten Aufruhr um „The Raid“ eigentlich darauf wetten können, dass sich die Traumfabrik Gareth Evans so schnell wie möglich einverleiben würde. Aber das Regietalent hat sich lieber zunächst einmal sein Herzensprojekt „The Raid 2“ vorgeknöpft. Erst danach will er Hollywood erobern und mit dem Trilogie-Abschluss „The Raid 3“ ein wenig warten. Auf den zweiten Blick ist die Entscheidung, erst „The Raid 2“ zu realisieren, allerdings gar nicht mehr so überraschend, schließlich wäre es dem Filmemacher schlicht nicht möglich, seine besessen-akribisch Arbeitsweise in den USA fortzusetzen: Training, Choreographie und Proben für die Martial-Arts-Sequenzen in „The Raid 2“ haben satte 18 Monate in Anspruch genommen – für Hollywood-Verhältnisse ein fast undenkbarer (und unbezahlbarer) Aufwand!

    Von einer Gefängnishofschlägerei in tiefem Schlamm mit gut und gerne 100 Beteiligten über ein Sushi-Restaurant-Gerangel mit gut durchgegarten Gesichtshälften bis zu den finalen, offensichtlich an die Dramaturgie von Videospielen angelehnten Die-Namen-sind-Programm-Boss-Fights gegen Hammer Girl (Julie Estelle) und Baseball Bat Man (Very Tri Yulisman) – Evans hat seine zweieinhalb Stunden bis zum Anschlag nicht nur mit unvergesslich-brillanten Action-Sequenzen vollgestopft, er hat aufgrund der ohnehin schon stolzen Lauflänge sogar noch welche herausschneiden müssen. Beim Härtegrad macht Evans dagegen einmal mehr keinerlei Kompromisse - womit er in Hollywood kaum durchkommen würde: In „The Raid 2“ spritzen mehr Blut und Gedärme als in vielen expliziten Gore-Streifen – trotzdem wirkt die Brutalität nie selbstzweckhaft (inklusive eines Zwangs-Pornodrehs, bei dem aufgelesene Anhalter von großbusigen Frauen mit XXL-Umschnalldildos traktiert werden), sondern in der kalten Geschäftswelt des Gangstersyndikats geradezu zwangsläufig.

    Auch wenn die so noch nie gesehenen Martial-Arts-Sequenzen mit ihrer unglaublichen Dynamik, Spannung und Ausdrucksstärke natürlich das Hauptargument für einen Kinobesuch bleiben, bezieht sich das nach der Sundance-Premiere um die Welt gegangene Pressezitat „Der ‚The Dark Knight‘ des Actionkinos!“ in erster Linie auf die Story des Films: Denn nach der bewusst simplen (und trotzdem etwas überladenen) Handlung des Vorgängers entwirft Evans, der erneut auch das Drehbuch verfasste, nun einen geradezu epischen Mafiaplot, in dem jeder jeden hintergehen und jeder jederzeit als Bauernopfer enden kann. Ein Vergleich mit der unerreichten „Infernal Affairs“-Trilogie wäre aufgrund des deutlichen Action-Fokus von „The Raid 2“ zwar übertrieben, aber es ist trotzdem verdammt beeindruckend, welche gesellschaftlichen Abgründe sich hier zwischen den Fight-Sequenzen auftun: Der Tourismusbehörde seiner Wahlheimat hat Evans mit seinem Film zumindest keinen Gefallen getan.

    Fazit: Besser kann man Action nicht inszenieren – und der Rest ist auch verdammt gut.

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