Der englische Ausdruck „Who cares?“ ist ein einziges verbales Achselzucken. Wörtlich übersetzt bedeutet er „Wen kümmert es?“, tatsächlich gemeint ist jedoch „Na und?“. Die Brasilianerin Mara Mourão stellt in ihrem Dokumentarfilm „Who Cares? Du machst den Unterschied“ dieser eigentlich keine Replik benötigenden Frage Antworten entgegen und zeigt Personen, die sich mit ganzem Herzen und konkreten Taten kümmern. Es sind sogenannte „Social Entrepreneurs“, die in unterschiedlichen Arten des sozialen Engagements ihre Berufung gefunden und diese zu ihrem Beruf gemacht haben. Gezeigt wird dabei auch, wie aus kleinen lokalen Projekten global tätige soziale Unternehmen entstehen können.
Allen im Film gezeigten Sozialunternehmern ist gemein, dass sie irgendwann in ihrem Leben einen ganz konkreten sozialen, ökonomischen oder umweltbezogenen Missstand erkannt und selbst Ideen entwickelt haben, wie man diese Probleme auf kreative und auf unkonventionelle Weise beseitigen kann. Der Brasilianer Joaquim Melo lebt selbst in einem städtischen Armenviertel. Er hat festgestellt, dass zwar Geld im Viertel vorhanden ist, dieses jedoch größtenteils außerhalb ausgegeben wird. Deshalb hat Melo eine Bank gegründet, die eine eigene Währung herausgibt, die überall in seinem Viertel – aber auch nur dort – Gültigkeit besitzt. Die Konsequenz: Viel mehr Geld bleibt innerhalb der Gemeinde, der Wohlstand aller wächst. Ebenfalls ein innovatives Finanzierungskonzept hat der aus Bangladesch stammende Nobelpreisträger Muhammad Yunus entwickelt. Er erfand den „Mikrokredit“: Arme bekommen winzige Geldbeträge geliehen - ein Konzept, das sich inzwischen auf der gesamten Welt verbreitet hat. Noch viele weitere innovative Projekte werden vorgestellt, darunter Ideen, bei denen man kaum glauben mag, dass es so etwas tatsächlich gibt: Zum Beispiel der Einfall des buddhistischen Mönches Bart Weetjens, der in Tansania Ratten darauf trainiert hat Landmienen aufzuspüren und Tuberkulose nachzuweisen.
Regisseurin Mara Mourão begnügt sich jedoch nicht damit, einfach nur Menschen und ihre Projekte vorzustellen. Im Guten wie im Schlechten ist jederzeit spürbar, dass der Zuschauer motiviert werden soll, mehr Verantwortung in seiner eigenen Umgebung zu übernehmen. Tatsächlich ist es ermutigend zu sehen, wie viele verschiedene Menschen auf der ganzen Welt mit nichts weiter als einer Idee angefangen haben und welche Erfolge sie feiern konnten. Allerdings führt der gute Wille der Regisseurin auch dazu, dass „Who Cares? Du machst den Unterschied“ oft wie ein Werbefilm wirkt, der dazu da ist, neue „Social Entrepreneuers“ zu rekrutieren. Das ist dem Presseheft zufolge sogar tatsächlich die ganz konkrete Motivation. Dies ist ein ehrenwertes Anliegen, nur hat die von Mara Mourão gewählte emotionale Überrumpelungstaktik mit massivem Einsatz von pathetischer Musik und von Bildern fröhlicher Menschen in ihrer Durchsichtigkeit einen fragwürdigen Beigeschmack.
Denn dass hier eine gute Sache vertreten wird, hätte der Zuschauer auch so bemerkt: Die oft sehr charismatischen Aktivisten sprechen da im wahrsten Sinne des Wortes bereits für sich. Darüber hinaus sorgt es für Widersprüche, dass Mourão ausschließlich Aktivisten vorstellt, die ihr Engagement zu ihrem Beruf gemacht haben. So wird unterschwellig die dem eigentlichen Anliegen ein wenig entgegenlaufende Botschaft vermittelt, dass sich soziales Engagement auch konkret bezahlt machen soll. Ein deutlich umfassenderes und überzeugendes Bild sozialer Engagements hätte man sehr einfach bekommen können, in dem man noch zwei zusätzliche Protagonisten aufgenommen hätte, die sich in ihrer Freizeit, neben dem eigentlichen Beruf, engagieren. Denn die Lösung aller Probleme kann gewiss nicht darin liegen, dass sich die gesamte Menschheit in soziale Entrepreneurs verwandelt. Trotzdem ist Mara Mourão mit „Who Cares? Du machst den Unterschied“ ein ermutigender und inspirierender Film geglückt, der große Beachtung verdient hat.
Fazit: „Who Cares? Du machst den Unterschied“ stellt auf zum Teil unnötig pathetische Weise hochinteressante Beispiele für den äußerst vielfältigen Beruf eines „sozialen Entrepreneurs“ vor, die Mut machen, dass die Probleme der Welt durch individuelles Engagement zu lösen sind.