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    Bar 25
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Bar 25
    Von Christian Horn

    Als Quentin Tarantino in Berlin seinen „Inglourious Basterds" drehte, war er regelmäßig Gast der verspielten Clublandschaft Bar25 am Spreeufer; der Meisterregisseur fand Gefallen an einer der Bardamen und entführte die Schönheit in die Vereinigten Staaten, wo er ihr wohl des Öfteren die Füße massiert. Das ist nur eine Anekdote aus der Welt der legendären Bar25, die im Herbst 2010 nach längerer Gegenwehr ihre Türen endgültig schließen musste, um Bürogebäuden des Mediaspree-Bauprojekts (Stichwort: O2-World) Platz zu machen. Die beiden Regie-Debütantinnen Britta Mischer und Nana Yuriko widmen dieser Berliner Geschichte nun den Dokumentarfilm „Bar 25 – Tage außerhalb der Zeit" und entführen uns in die schillernde Welt des ehemaligen Clubs.

    Weil die im Jahr 2003 eröffnete Bar25 eine der angesagtesten und weltweit bekanntesten Ausgehmöglichkeiten der Hauptstadt war, avancierte ihre Schließung zum Symbol für die fortschreitende Gentrifizierung der Berliner Stadtlandschaft – ein nicht unwesentlicher Ausgangspunkt für den vorliegenden Dokumentarfilm. Die Filmemacherinnen bleiben stets nah bei den Betreibern der Berliner Party-Location und bringen den Geist, der dort herrschte, in bunten Bildern auf die Leinwand. Einen größeren Stellenwert als die genaue Nachzeichnung der Gründe für die Einstellung des Clubbetriebs besitzt in „Bar 25 – Tage außerhalb der Zeit" nämlich das Lebensgefühl, für das der Club stellvertretend steht – in diesem Sinne ist die Doku, die intime Hinter-den-Kulissen-Einblicke gewährt, vor allem eine Hommage an ihren Untersuchungsgegenstand.

    In der ersten Hälfte ihrer Dokumentation versenken sich die Regisseurinnen geradewegs in den Mikrokosmos Bar25. Im noch laufenden Betrieb stellen sie die Macher des Clubs vor, die teilweise auf dem Gelände leben und eine von äußeren Gesellschaftszwängen weitgehend losgelöste Existenz führen. Wiederholt machen die Betreiber (und die zugehörigen Partybilder) deutlich, dass sich die Szene-Location als Spielplatz der „25 Hour Party People" versteht: Von der übrigen Welt abgeschirmt regiert hier der Spaß, elektronische Beats geben den Rhythmus vor und das größtenteils skurrile Volk gesellt sich unter seinesgleichen – so erklärt die stadtbekannte Türsteherin in einer Szene, es sei schwierig, die graue Außenwelt zu betreten und sie vermeide es nach Möglichkeit, das Gelände am Spreeufer zu verlassen. Wiederkehrende Montagen aus stilvollen HD-Handkamera-Bildern, die zu treibender Elektromusik die Exzesse der Nachtschwärmer dokumentieren, versetzen in Feierlaune: Dumm nur, dass die Bar25 geschlossen ist und die Berliner Szenegänger fortan als Mythos verfolgt.

    Nach der Reise in die Vergangenheit des Clubs wird in der zweiten Hälfte des Films die erzwungene Schließung der Lokalität thematisiert, die einem Einbruch der Außenwelt in die eigenwillige Welt der Bar gleichkommt. Schon zuvor gab es eine Szene, in der eine Polizeimannschaft das Gelände betritt, um die Boxen einzukassieren – der über die Stadtgrenzen hinaus geschätzte Club hatte sich der Lärmbelästigung schuldig gemacht. Wenn nun die Kündigungsschreiben der Vermieter die Runde machen oder die crazy Clubbetreiber im Landgericht auflaufen, wo sie die Schließung fürs Erste abwenden können, entstehen befremdliche Eindrücke: Da das Gelände der mit Neonfarben ausgeleuchteten Bar25 im Film bislang nicht verlassen wurde, wirkt die Szenerie deutscher Behördenflure nun noch grauer als ohnehin schon. Ein kurzes Gespräch mit dem abwiegelnden Klaus Wowereit fällt in dieselbe Kategorie: „Da müssen wir uns mal zusammensetzen", lautet die gleich wieder verpuffende Ansage des Berliner Bürgermeisters.

    Zunehmend mutlos stemmen sich die Kreativen hinter der Bar25 gegen die Mühlen der Bürokratie. Nach mehreren, jeweils im Herbst einberufenen Abschiedsfeiern, ist die Schließung letztlich unabwendbar. Allein schon durch die zweigeteilte Dramaturgie – zunächst wird die Bar in ihrer Vielfalt vorgestellt, anschließend folgt die Einführung der intervenierenden Behörden als zermürbender Gegner - ergreifen die Regisseurinnen klar Partei für die Bar25 und das kreative Konzept dahinter. Am Ende, beim Abbau der verschiedenen Hütten, wird ihr Film richtiggehend melancholisch. Der subjektive Blick gereicht „Bar 25" indes nicht zum Nachteil, denn im Grunde ist das Missverhältnis zwischen Großinvestoren und dem „kleinem Mann" ja ein Thema, bei dem das Publikum über die Verteilung der Sympathiewerte nicht lange feilschen muss: Selbst ein Blinder mit Krückstock würde die bunte Welt der Bar25 der Tristesse von Bürogebäuden vorziehen – so sollte man jedenfalls meinen.

    Fazit: Mit ihrer subjektiven Dokumentation „Bar 25 – Tage außerhalb der Zeit" setzen Britta Mischer und Nana Yuriko dem mittlerweile geschlossenen Berliner Szene-Club ein filmisches Denkmal. Sie interessiert dabei vor allem die Vermittlung eines bestimmten Lebensgefühls, die ihnen mit atmosphärischen HD-Bildern über weite Strecken gut gelingt.

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