Immer wieder entwerfen Sci-Fi-Filme erschreckende Dystopien, in denen der Staat zum vermeintlichen Wohl seiner Bürger massiv in deren Freiheitsrechte und Menschenwürde eingreift. So werden die Bewohner in George Lucas‘ Debütfilm „THX 1138“ zwangsweise mit Drogen ruhiggestellt und echter Sex wird als Perversion verboten. Noch radikaler ist „Alles, was wir geben mussten“, in dem menschliche Klone ein zutiefst kümmerliches Dasein als lebende Organ-Ersatzteillager fristen. Nun legt „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“-Regisseur Tommy Wirkola in „What Happened To Monday?“ mit einer überbevölkerten Welt nach, in der jede Familie höchstens ein Kind haben darf. Als eine Frau gleich Siebenlinge gebiert, müssen die Mädchen versteckt werden, weil ansonsten sechs von ihnen – in Erwartung möglicher besserer Zeiten – eingefroren werden müssten. In dem atemlosen Sci-Fi-Action-Thriller verblüfft Noomi Rapace (international bekannt geworden als Cyberpunk-Hackerin Lisbeth Salander aus der originalen „Millenium“-Trilogie) mit einer enormen Wandlungsfähigkeit, immerhin verkörpert sie gleich sieben sehr verschiedene Schwestern auf einmal.
Rund ein halbes Jahrhundert in der Zukunft herrscht eine dramatische Überbevölkerung. Mittels einer radikalen Ein-Kind-Politik will der Staat endlich wieder Herr der Lage werden. Als wichtigste Maßnahme wird ein sogenanntes Kinder-Zuteilungsbüro gegründet, das von der eiskalten Nicolette Cayman (Glenn Close) geleitet wird. Die Agenten des Büros jagen alle überzähligen Kinder und lassen diese zwangsweise einfrieren. Ausgerechnet in dieser repressiven Gesellschaft bringt eine Frau Siebenlinge zur Welt. Als die Mutter bei der Geburt stirbt, zieht der Großvater (Willem Dafoe) die Kinder heimlich in seiner Wohnung auf. Die nach den sieben Wochentagen benannten Schwestern (alle Noomi Rapace) dürfen die Wohnung jeweils nur an dem ihrem Namen entsprechenden Wochentag abwechselnd verlassen. Dabei geben sie sich alle als dieselbe Person aus - eine Frau namens Karen Settman. Das geht so lange gut, bis Monday eines Tages nicht mehr nach Hause zurückkehrt...
In „What Happened To Monday?“ läuft Noomi Rapace („Prometheus - Dunkle Zeichen“) gleich siebenfach zu Höchstform auf: Vor allem wenn die sich außerhalb der Wohnung völlig identisch verhaltenden Frauen sich bei einem gemeinschaftlichen Abendessen (es gibt lecker Ratte) plötzlich als höchst unterschiedliche Charaktere entpuppen, dann ist das große Schauspielkunst. Während etwa Monday auch von ihrer individuellen Persönlichkeit her halbwegs dem eher angepassten Wesen der gemeinsamen Kunstfigur Karen Settman entspricht, ist Friday ein introvertierter Nerd und Saturday ein gerne über die Stränge schlagendes Partygirl. In der Sicherheit der Wohnung kleiden sie sich nicht nur extrem unterschiedlich, sondern haben auch völlig verschiedene Frisuren und Haarfarben. All das wird am Tag ihres jeweiligen Ausgangs in die komplett überwachte Außenwelt sorgfältig hinter Make-up und Perücken verborgen. Aber die Herausforderungen beginnen bereits beim Smalltalk mit dem Portier des Gebäudes: Schon da müssen alle penibel genau darauf achten, was möglicherweise bereits eine ihrer Schwestern mit dem Mann so alles bequatscht hat (und im Notfall schnell improvisieren).
Der Film bezieht den größten Teil seines Reizes aus seiner originellen Grundidee. Dabei geht es immer auch um die Spannung zwischen Individualität, Uniformität und Gemeinschaftlichkeit. Sehr intensiv sind auch die Rückblenden, in denen der Großvater (überraschend feinfühlig: Willem Dafoe, der ja sonst oft den Irren vom Dienst verkörpert) mit extremer Cleverness und äußerster Konsequenz seine Mädels zu beschützen versucht. Dieser berührende Kern trägt den Sci-Fi-Film über seine gesamte Laufzeit. Denn als Thriller vermag „What Happened To Monday?“ nicht immer restlos zu überzeugen. So sehen Genrekenner den einen oder anderen Twist wahrscheinlich schon von weitem kommen. Auch setzt der mit der grotesken Nazi-Zombie-Horror-Komödie „Dead Snow“ bekannt gewordene norwegische Regisseur Tommy Wirkola streckenweise zu sehr auf plumpe Action und drückt gerade im Finale zu stark auf die Tränendrüse. Doch die faszinierend komplexe Beziehung zwischen den sieben Schwestern und Noomi Rapaces schauspielerische Tour de Force heben den Film letztlich mühelos über diese gelegentlichen inszenatorischen und dramaturgischen Unwuchten hinweg!
Fazit: Der dystopische Sci-Fi-Thriller „What Happened To Monday?“ überzeugt mit einer wirklich originellen Prämisse - und Noomi Rapace brilliert in nicht weniger als sieben (!) Rollen.